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Copyright by Heimatverein Köthensdorf e.V.

Köthensdorfer Lesebuch

Abschnitt I : Heimatkunde

1.  "Mein Köthensdorf"  Gedicht von Hanni und Kurt Berthold

2.  Altertümliche Wörter unserer ländlichen Mundart  erklärt

3.  Entstehung und Bedeutung von Ortsnamen aus unserer Umgebung

4. Allgemeine Betrachtungen zur Besiedlung des Gebietes um Burgstädt

5. Das "Alte Schloss" Langenleuba-Oberhain

6. Einwanderstrassen unserer Heimat -> Die Leipziger Strasse

7. Das Schulwesen in Köthensdorf von früher bis heute

8. Aus der Chemnitzer Chronik ( 1410-1415, 1428-14331553-1571, ....)

Abschnitt II : Geschichten von früher und noch eher

1. Begegnungen mit Zigeunern ( vom  Heimatforscher Emil Müller  1958)

2. Der Prinzenraub durch Kunz von Kaufungen ( nach K. Fritzsching )

3. Mit Heiligen durchs Jahr - Johannes der Täufer

4. Letzter Strafvollzug an der Limbacher Galgengerichtsstätte

5. Die Sage: Der Riese auf dem Taurastein

 

Abschnitt III : Ein Köthensdorfer Pfiffikus - Johann Esche

1. Die Geschichte der Strumpfwirkerei in Köthensdorf und im Limbacher Land

 


Abschnitt I:

Mein Köthensdorf

1.Eine kleine Dorfbeschreibung von Hanni und Kurt Berthold

Mein Köthensdorf, wie liegst du schön, so mittendrin im Tal.

Kann ich dich sehn von uns’ren Höhn, freu ich mich jedesmal.

Mein Köthensdorf, mein Köthensdorf, wie liegst du doch so schön.

Ums Dorf herum so wunderschön viel Wiesen, Wald und Feld.

Ein Zug fährt durch das Chemnitztal, wie schön ist unsre Welt. 1)

Mein Köthensdorf, mein Köthensdorf, wie liegst du doch so schön.

Des Volkens Teich und Schneiders Holz, das gibt ein schönes Bild.

Doch früher gab’s dort viel mehr Wald, drin hauste manch Stück Wild.

Mein Köthensdorf, mein Köthensdorf, wie liegst du doch so schön.

Das schöne Schulhaus hier im Ort - fiel’s Lernen oft auch schwer!

Als kleiner Mann zog mancher fort, als großer kam er her!

Mein Köthensdorf, mein Köthensdorf, wie liegst du doch so schön.

Da draußen in der weiten Welt blüht manchem auch sein Glück!

Doch eines Tages kommt die Zeit, da sehnt er sich zurück!

Nach Köthensdorf, nach Köthensdorf, wie liegt es doch so schön.

Und bricht der Abend dann herein, müd kehrt ein jeder heim.

Von Taura leis herüberklingt der Kirche Glöckelein!

Nach Köthensdorf, nach Köthensdorf, wie liegt es doch so schön.

Die Sonne sinkt, der Abend naht, und ringsherum wird’s still.

Ein Vöglein singt im Lindenbaum, uns Frieden bringen will, uns Frieden bringen will.

Für Köthensdorf, für Köthensdorf, wie liegt es doch so schön.

Mein Köthensdorf, mein Köthensdorf, wie lieb ich dich so sehr!

 

1) Die Eisenbahnlinie Chemnitz-Wechselburg (Rochlitz) wurde inzwischen eingestellt.

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2. Reihe " altertümliche Wörter unserer ländlichen Mundart"

"nächdn":

Das kleine Umstandswort der Zeit hat nach Grimms Wörterbuch ursprünglich den Sinn von vergangene Nacht. Dann aber hat es die Bedeutung von gestern Abend, schließlich von vorgestern angenommen. In unserer ländlichen Mundart hat es die Bedeutung von gestern Abend, etwa vom Abendessen bis Mitternacht. "Nächdn hadd’s awer geblitzd unn gedunnerd."

"Kehreule":

"Jule, brengst heide aus Ruchlz fun Seelr enne naue Kehreule midde!"

Die Kehreule, die die Jule aus Rochlitz beim Seiler besorgen sollte, ist der Kehrbesen aus Borsten mit langem Stiel. Während der Rutenbesen die grobe Kehrarbeit in Hof und Hausflur leistete, diente die Kehreule zum Stubenfegen. Sie ist also der Besen zum feineren Gebrauche. Das Wörterbuch von Grimm erwähnt besonders die Verwendung zum Abkehren der Zimmerdecke. Dort steht auch, dass dieser Besen rund und einem Eulenkopfe gleich sei.

"Maugche":

"Ich muss ma in meine Maugche gien."

Die Maugche ist übereinstimmend in unserer ländlichen Mundart das Versteck von Obst und Geld. In Schlesien bedeutet das Wort den heimlichen Ort, wohin die Kinder ihre Naschereien verstecken. Nicht unmöglich, dass unser Wort mit "meucheln" oder "mauscheln" (heimlich zu Werke gehen) verwandt ist.

"Me" oder "mech":

"Me" oder "mech" wird als Einschiebsel bei der Wiedergabe einer fremden Aussage benutzt, wodurch der Erzähler ausdrücken will, dass es nicht seine Beobachtung oder sein Urteil ist, was er äußert. Da es sich in vielen Fällen um nicht ganz Einwandfreies handelt, gewinnt man den Eindruck, als ob durch die Einschiebsel me oder mech die Verantwortung für die Zuverlässigkeit vom Erzähler abgelehnt wird. Er sichert sich für den Fall, dass man ihn verantwortlich machen will:

"Dar sull mech in dr Lutterie gewunn hunn."

"Dar sull mech lange Fingr gemachd hunn."

Mech bedeutet also: Meine (oder sage) ich.

 "zängst"

"Wenn Se ze Schlimbersch wulln, gehn Se de Gass immer zängst’n Dinge nunner !" So ähnlich muss vor vielen Jahren die Antwort geklungen haben, wenn jemand an der Kreuzung der Gasse mit der Wittgensdorfer Straße nach der Familie Schlimper gefragt hat. Der Fragende sollte also immer längs der Gasse gehen und immer in der gleichen Richtung, um zu seinem Ziel zu kommen.

Mit dem Wort "zängst" wird die Reihe der sterbenden Wörter unserer ländlichen Mundart vorerst beendet.

Schon weil die genannten Wörter unserer ländlichen Mundart Heimatgewächs, zu großem Teile uraltes geistiges Gut unserer Vorväter sind, sollte sich niemand geringschätzig oder gar verächtlich von ihnen abwenden. Interessant sind die alten Verbreitungsgebiete, wie sie Grimm nach den schriftlichen Quellen festgestellt hat. So ist "hinde" vorwiegend in Mitteldeutschland vertreten: "Thüringen, Meißen (unser heutiges Sachsen), Schlesien". Die Nebenform "heint" weist nach Hessen und Franken. "Kehreule" war nach Grimm in Thüringen und Sachsen verbreitet. "Maugche" in Schlesien und Sachsen, an Rhein und im Taunus, im Schwäbischen und Alemannischen (1771 in Straßburg belegt). Bis zu den Rheinmündungen hinunter geht das Wort, wenn es dort auch in niederfränkischer Mundart erklingt. "Nächdn" ist ein in Thüringen und Hessen nach dem Rheine hin sowie nach Süddeutschland hinauf geläufiges Wort. "Mech" und "zängst" sind vermutlich auf unser mitteldeutsches Teilgebiet beschränkt. Unsere Wörter weisen also hauptsächlich nach Westen und Südwesten, weisen in altes, urdeutsches Land, das nie, wie unsere Gegend einmal von Slawen besiedelt gewesen ist. Von dort sind sie gekommen, die kräftigen Bauernsöhne Thüringens, Hessens, Frankens, aus dem Rheingebiete und aus Schwaben, um das schöne Ostland an Mulde und Chemnitz zu kolonisieren. Auch, wenn kein Mund von damals es mehr sagen, keine Urkunde es melden kann, die uralten Wörter können uns den Weg in die Heimat unserer Vorväter zeigen.

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3. Ortsnamen aus der Umgebung - Entstehung und Bedeutung

Oft fragt man sich, warum eine Stadt, ein Ort, gerade so und nicht anders heißt und wie gerade dieser Name entstanden ist. In einer losen Folge sollen an dieser Stelle hin und wieder ein paar dieser Fragen beantwortet werden. Die Informationen und Namensdeutungen entsprechen dem momentanen Stand der Erkenntnisse und entstammen dem Buch "Die Städte Sachsens" von Uwe Vetterlein (erschienen im Tauchaer Verlag, 2000). Sie erheben aber nicht den Anspruch "der Weisheit letzter Schluss" zu sein, denn die Forschungen diesbezüglich werden weiter gehen und bestimmt noch so manche Ergänzung oder Neudeutung zu Tage fördern.

 

Augustusburg

Ende des 12. Jahrhunderts gründeten deutsche Siedler durch Waldrodungen den Ort. Es gab sowohl eine Burg als auch ein angegliedertes Dorf. Der ursprüngliche Name war "Schellenberg", was sich wahrscheinlich auf die Burg oder den Berg bezieht, von dem es schallt (tönt), also mundartlich "schellen". Vielleicht auch im Zusammenhang mit einer "Schelle" für Glocke (Glöckchen). Der Ort erhielt 1564 das Stadtrecht. Nach dem Neubau der Burg im Jahre 1572, wurde diese nach dem sächsischen Kurfürsten "August" in Augustusburg umbenannt. 1899 erfolgte dann auch die Umbenennung der Stadt Schellenberg in Augustusburg.

 

Burgstädt

Es wird vermutet, dass Burgstädt - ohne bereits diesen Namen zu führen - zwischen 1270 und 1301 planmäßig als Marktort angelegt wurde. 1436 erfolgte die Teilung des Leisniger Besitzes in eine Herrschaft Rochsburg und eine Penig. Burgstädt kam zu Rochsburg. So erhielt Burgstädt seinen Namen, "die Stadt, die zur Burg Rochsburg" gehörte (1454 Ersterwähnung als Stadt).

Chemnitz

Der Stadtname ist slawischen Ursprungs und bezeichnete zunächst den Fluss, den zuerst Thietmar von Merseburg erwähnte und der ab 1122 wiederholt urkundlich nachweisbar ist. Adam Daniel Richter leitete bereits 1753 in seiner "Chronica" den Namen von "kamen" = "Stein" her und schlussfolgerte auf "Steinbach" oder "steiniger Bach". In einer Urkunde von 1143 tritt dann erstmals der Name in der Verbindung "locus Kameniz dictus" als Bezeichnung für den an diesem Fluss liegenden Ort auf. Um 1200 wird der Ort als Stadtanlage erwähnt.

 

Limbach-Oberfrohna

Die Anfänge der Entwicklung reichen bis in das 12. Jahrhundert zurück. Um 1150 gründeten deutsche Kolonisten aus Rheinfranken die Dörfer zwischen den Flüssen Mulde und Chemnitz, so auch Limbach, Oberfrohna und Rußdorf. Der Anführer der Kolonisten soll ein Ritter von Lyntbach gewesen sein. Wie damals üblich, könnte ein Ort nach ihm benannt worden sein.

Oder aber Variante drei: Der Ort entstand an einem mit "Linden umstandenen Bach", woraus im Laufe der Zeit Limbach geworden sein könnte.

Der Name Oberfrohna ist wahrscheinlich aus dem Wortstamm "Vrone" = "der Bach" entstanden. Die "Vrone" wird bereits 1285 erwähnt. 1415 taucht dann erstmalig der Name "Cuerchfrone" auf, aus dem sich dann Oberfrohna entwickelt hat.

Limbach erhielt 1883 Stadtrecht. Oberfrohna erhielt das Stadtrecht mit der Eingemeindung von Rußdorf 1935. 1950 kam es zur Vereinigung der beiden Städte.

Rußdorf

"Ort eines Rudolf" möglicherweise auch "Ort eines Ruland": 1460 Rudelstorff, 1493 Rurßdorff, Rürsdorff, 1539 Rurschdorff, 1540 Rusdorf, 1548 Rüsdorff, 1590 Rußdorff, 1822 Rußdorf. (nach Strobel)

Kaufungen

Der Ortsname ist auf "Handelsplatz" zurückzuführen und wurde von den Rittern von Kauffungen aus dem Hessischen nach Sachsen übertragen. 1226 Coufungen, 1231 Khoufungen, 1282 Coufunge, 1283 Coufungen, Koufungen, 1298 Coyfungebn, 1495 Kawffungen, Kauffungen, 1533 Kauffungen. (nach Walther)

 

Niederfrohna

Bezeichnet wohl eine Siedlung, die dem Grundherrn durch Frondienste verpflichtet war (welches Dorf war das im Mittelalter nicht?). Der im Erstbeleg für Niederfrohna genannte Grundherr Heinrich von Frone wird den Namen des Ortes, in dem er wohnte, wohl lediglich angenommen haben: 1236 Frone, 1256 Fronen, 1390 Nydernfrone, 1395 zcu der nedern Frone, 1449 nedern Frohne, 1459 Niderfrohne, 1480 zcu der nydern Frone, 1495 Froena inferior, 1530 Nyederfrona, 1555 Niederfrohne, 1862 Niederfrohna. (nach Strobel)

 

Pleißa

Pleißa wurde nach dem Gewässernamen Pleißenbach, der mit dem Flussnamen der Pleiße bei Altenburg identisch ist und für den vorslawische Herkunft nachgewiesen werden konnte, benannt. Bei der Deutung des Namens "Pleißa" ist wohl am ehesten von der Wortwurzel "(s)plei" = "Spalte" auszugehen. Eine Erklärung des ursprünglichen Flussnamens als "die Spaltende" würde auch bedeutungsmäßig befriedigen: 1375 villa Steinplißen, 1396 Steynpleyß, 1493 bey der Bleysenn, 1501 zwr Pleyß, 1502 zur Pleiß, 1508 zcu Bleysa, 1541 Pleißa, Pleyß, zu der Pleysßa, 1548 zur Pleyssa, 1590 Pleißa. (nach Strobel)

 

Köthensdorf

Köthensdorf ist ein Mischname. Der erste Teil geht auf den slawischen Vornamen Chotemer zurück. Möglicherweise war er der von der Herrschaft beauftragte Mann, der die ankommenden Bauern in ihre Siedlungsgebiete eingewiesen hatte. Der zweite Teil des Namens "dorf" ist deutschen Ursprungs: 1490 Kotmarsdorf, Köthmansdorf, 1520 Kottensdorff, 1551 Kotzdorff, 1568 Körtzdorff, 1575 Kottensdorff, Kettensdorf, danach Köthensdorf.

 

Reitzenhain

Der Name der Wüstung Reitzenhain ist rein deutscher Abstammung. Sein erster Teil geht auf das althochdeutsche Wort "richi" oder das gotische Wort "reiks" zurück und bedeutet "Herrscher" oder "König" (rex). "Hain" kommt vom mittelhochdeutschen "hagen" und bedeutet "umhegter Wohnplatz": 1436 Riczenhain, 1478 Reytzenhain, 1490 wüstung uff dem Reytzenhain, 1527 wuste Dorffschaft Reitzenhain, 1538 wüste güter, die man Reitzenhain nennt.

 

Taura

Die älteste bisher aufgefundene Schreibform stammt aus dem Jahre 1378 und lautet Turowe. Nach Gutachten sachverständiger Sprachforscher ist der Name ein Adjektiv vom slawischen "tur". Dieser Begriff bedeutet Ur oder Auerochs. Da zu dem Adjektiv ein Substantiv gehört, müsste -feld, -stadt, -wald ergänzt werden. Der Name Taura lautet dann etwa Auerswald. Eine weiter Deutung leitet das Wort von dem sorbenwendischen "thora" = "Berg" ab: 1378 Turowe, 1449 Turaw, 1462 Thaura, danach Taura. (nach Taura u. Köthensdorf - Unser Heimatbuch)

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4.Allgemeine Betrachtungen zur frühgeschichtlichen Besiedlung des Gebietes um Burgstädt

von Lothar E. Beyer

Vor Tausenden von Jahren war unser Umland von einem riesigen Urwald, dem Miriquidi, bedeckt. Ausgehend vom nördlichen Rande der Leipziger Tieflandebene erstreckte sich dieser "schwarze Wald" über das Erzgebirge bis hin nach Böhmen. Diese undurchdringliche und oftmals sumpfige Wildnis schien für menschliche Ansiedlungen denkbar ungeeignet und doch liegen uns Anzeichen vor, dass bereits in prähistorischer Zeit Menschen auch in unseren Gebieten lebten.

In einer Lehmgrube bei Penig stieß man im 19. Jahrhundert auf Spuren einer menschlichen Lagerstätte aus der Zeit des Neolithikum. Man fand Steinäxte und weitere Steinwerkzeuge, die eindeutig darauf hinwiesen, dass bereits in der Jungsteinzeit, also vor ca. 6000 Jahren, unsere Gegend von Menschen bewohnt war. Dr. Clemens Pfau aus Rochlitz fand gegen Ende des 19. Jahrhunderts am Königsberg bei Markersdorf Überreste einer bronzezeitlichen Niederlassung.

Dies, wie auch die vielerorts erwähnte heidnische Kult- und Opferstätte am Taurastein, lassen uns mit Sicherheit annehmen, dass unser Gebiet bereits seit weit-vorchristlicher Zeit von Menschen bewohnt war. Ob die damaligen Ansiedlungen unserer Vorfahren nur sporadischen Charakters waren oder auch über längere Zeiträume Bestand hatten, muss dahingestellt bleiben. Die ersten festeren Ortsgründungen dürften zur Zeit der Völkerwanderung um und nach 250 nach Chr. entstanden sein. Slawische Völker, besonders Sorben (Wenden), drangen in unseren Raum vor und wurden hier ansässig. Viele unserer heutigen Ortsnamen deuten noch auf die ehemalige slawische Besiedlung hin: Taura (Turawe), Mühlau (Meilin), Claußnitz (Clusenitz) und andere mehr.

Eine weitere größere Umwälzung in der Besiedlungsgeschichte erfuhr auch unsere Pflege zur Zeit der germanisch-deutschen Kolonisierung ab dem 9. Jahrhundert. Auf der Suche nach Land und damit Existenzmöglichkeiten rückten Siedler aus dem fränkischen in die Sorbengaue vor, um sich hier anzusiedeln. Blutige Auseinandersetzungen zwischen den hier lebenden Sorben und den deutschen Kolonisten waren nunmehr an der Tagesordnung. Eine der Personen, die in jenen Zeiten für unser Gebiet Geschichte schrieb, war Bischof Arndt (auch Arn, Arno) von Würzburg. Als der sich mit seinen Truppen aus dem Böhmischen zurückzog, kam es im Sommer 892 am Sandberg bei Wiederau (nach anderen Quellen am Taurastein) zu einer Entscheidungsschlacht. Er erlag der sorbischen Übermacht und wurde wenig später am 13. Juli 892 in seinem Feldlager am Schlossberg zu Chemnitz von eindringenden Sorben ermordet. Den kriegerischen Auseinandersetzungen setzte erst um 894 der "Mährische Friede" ein Ende, in dessen Folge sich die hier verbliebenen Sorben (Wenden) verpflichteten, die deutsche Krone anzuerkennen.

Während vordem die Besiedlung recht spärlich gewesen sein mag, sich die Menschen in der Hauptsache von Jagd und Fischfang ernährten, trat nun eine grundlegende Strukturwandlung ein. Es begannen systematische Rodungen des "Miriquidi". Land wurde urbar gemacht und es entstanden in der Folgezeit viele darauf basierende bäuerliche Ansiedlungen, wie zum Beispiel Burkirstorff (Burkersdorf), Gotfirstorff (Göppersdorf), Hellewigistorff (Helsdorf) und andere.

Belebt wurde unser Gebiet auch dadurch, dass zunehmend wichtige Handelsstraßen dieses berührten bzw. durchzogen. Eine der bedeutendsten Handelswege in unserer Pflege war die sogenannte "Salzstraße", auf der das "weiße Gold" aus den halleschen Salinen in das salzarme Böhmen gelangte. Welche Bedeutung die Salzstraße zu damaligen Zeiten hatte, mag man daraus ersehen, dass im 12./13. Jahrhundert der Reichsministral (vergleichbar mit einem Beamten, in der Rolle des örtlichen Stellvertreters des Kaisers) Henricus de Drackinvelc (Heinrich vom Drachenfels) dazu berufen wurde, in der gleichnamigen Burg bei Chursdorf die Furt durch die Mulde bei Penig abzusichern.

In dieser Zeit erfolgte auch eine politisch-territoriale Neuaufgliederung, die auch unser Gebiet betraf. Während die Ortschaften und Ländereien um Rochlitz und Wechselburg in den Herrschaftsbereich des Wiprecht von Groitzsch übergingen, stand unsere Pflege im Machtbereich der Burggrafen zu Altenburg und Rochsburg. Diese werden es denn auch gewesen sein, die gegen Ende des 13. Jahrhunderts den Grundstein legten für eine neue Stadt in ihrem Territorium, für das heutige Burgstädt.

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5. Das "Alte Schloss" Langenleuba-Oberhain

Nördlich von Langenleuba-Oberhain an der "Alten Straße" stand im Pastholz im Mittelalter eine Burg. Sie wird in der Überlieferung als "Raubritterburg" oder als das "Alte Schloss" bezeichnet. Die Besitzer der Burg sollen mit den Besitzern der Burg Drachenfels bei Penig gemeinsame Sache gemacht und öfter Reisende ausgeraubt haben. Daraufhin seien gleichzeitig die Burgen Drachenfels und Langenleuba-Oberhain als Raubritterburgen zerstört worden. Tatsächlich scheint es Verbindungen zwischen beiden Burgen gegeben zu haben. Sowohl am Drachenfels als auch in Langenleuba-Oberhain finden wir den Flurnamen "Teufelsbrücke". Als die Burggräben der Oberhainer Burg noch geflutet waren, befand sich oberhalb der Burg ein sehr sumpfiges Gelände, das einen natürlichen Schutz für die Burg bot. Über diesen gefährlichen Sumpf soll diese Teufelsbrücke geführt haben. Der Flurname ist auch heute noch im Sprachgebrauch. Auch den Namen "Höllmühle" finden wir wie am Drachenfels auch an der Oberhainer Burg. Unterhalb der Burg trieb ein Bach, der vom "Höllbom" gespeist wurde, eine Mühle in Langenleuba-Oberhain. In beiden Fällen soll der Name heidnischen Ursprungs sein (Hölle soll von der heidnischen Gottheit Hela, Hellana oder Helberul abgeleitet worden sein).

In der Nähe des Höllboms fand man im 19. Jahrhundert schwarze Gefäßscherben "Böden mit kreuzartigen Zeichen", wie berichtet wird. Es handelte sich hier zweifellos um blaugraue Irdenware mit sogenannten "Bodenmarken", wie sie auch für die Keramik des 12./13. Jahrhunderts typisch ist, und die auch am Drachenfels gefunden wurde. Beim Roden des Waldes fanden sich auch Pfeilspitzen und Hufeisen, die auf den Standort der Burg hinweisen. Dass es schon im 13. Jahrhundert Verbindungen mit den Drachenfelsern bzw. mit den mit ihnen verwandten Wolkenburgern gab, ist urkundlich nachzuweisen. Die erste Urkunde, die Wolkenburger Besitz in Langenleuba-Oberhain nachweist, stammt vom 2. Juli 1290, als Heinrich von Wolkenburg mit Zustimmung des Burggrafen Heinrich von Altenburg dem Altenburger Marienkloster den Jahreszins von 1 Talent altenburgischer Denare auf einem Gut in Langenleuba-Oberhain vermacht. Seit dem frühen 15. Jahrhundert tritt die Adelsfamilie derer von Einsiedel als Besitzer auf.

Dass auch später noch Überfälle im Pastholz verübt wurden, schreibt der Peniger Chronist 1564: "... 14. Januar, im Pastholze zwischen Langenleuba-Oberhain und dem Städtlein Kohren wurden zwei Wagen überfallen und ausgeraubt ... etliche 1000 Schock ... Beute".

Da keine Urkunde aus dem 13. Jahrhundert über diese Burg berichtet, könnten nur archäologische Grabungen weiteren Aufschluss über die Entstehung und Geschichte dieser Burg geben. Bis dahin bleibt Vieles nur Sage.

Alte Einheiten ->  Schock: altes Zählmaß, 1 Schock = 60 Stück

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6.Die Einwanderstraßen in unserer Heimat

Dass unsere nächste Umgebung von Rheinfranken her besiedelt wurde ist wohl unumstritten. Nicht umsonst finden wir im Gebiet von Köln bis nach Wiesbaden solche uns allen bekannte Ortsnamen, wie Adorf, Elsdorf, Furth, Herold, Hohenstein, Kappel, Leubsdorf, Limbach, Neukirchen, Reitzenhain, Scharfenstein, Schönau, Schwarzenberg, Stollberg, Thalheim, Wolkenburg und andere.

Es ist einleuchtend, dass lange vor der Eroberung unserer Heimat durch die germanisch- fränkischen Scharen bereits Pfade und Wege allereinfachster Art durch den Miriquidi bestanden haben. Zeugen dieser Tatsache können die steinzeitlichen Funde sein. Unter anderem wurden in Auerswalde und in Oberfrohna Steinkeile gefunden und in Köthensdorf eine Feuersteinspitze.

Der Siedlerstrom der West-Ost-Wanderer musste auf die Mulde als erstes großes Hindernis stoßen. Er musste sich, da man den Fluss wegen seiner Gefährlichkeit nicht einfach durchschreiten konnte, auf bestimmte Furten drängen. Wenn wir daraufhin die Landkarte überschauen, können das nur die Übergänge bei Waldenburg, Penig und Rochlitz gewesen sein. Es lassen sich also drei Einfallsrichtungen in das Mulde-Chemnitz-Dreieck erkennen:

Die erste bei Waldenburg, ursprünglich eine Furt. Sie wird 1143 urkundlich erwähnt bei der Grenzbestimmung des Klosterbesitzes der Benediktinerinnen zu Remse, als König Konrad III. dem Kloster Bürgel 100 Königshufen Landes schenkte: "ab oriente usque ad pontem Borens ad semitam Bohemicam", das heißt im Osten bis zur Brücke Borens zur böhmischen Straße. Die Richtung dieser Straße: Waldenburg - Callenberg - Obertirschheim - Kuhschnappel - Lungwitz - Gersdorf - Niederzwönitz - Grünhain - Schmiedeberg in Böhmen.

Die "Rochlitzer Poststraße", wie sie bereits auf dem Quadratmeilenblatt von 1792 genannt ist, überschneidet unter anderem die Orte Wiederau, Diethensdorf, Claußnitz, Garnsdorf, Auerswalde. Anfang des 18. Jahrhunderts soll diese Poststraße von Auerswalde durch den Sechsrutenwald und Hilbersdorf zum Johannestor herein nach Chemnitz geführt haben. Sie mied bis dahin das sumpfige Chemnitztal und wurde erst Ende des 18. Jahrhunderts über Draisdorf gelegt, um die "böhmische Straße" von Penig her zu erreichen.

Wann sie entstanden sein mag? Vielleicht dürfte sie bei der Übergabe der Grafschaft Rochlitz an Konrad von Wettin im Jahre 1143 als Straßenzug in einfachster Form bereits bestanden haben. Sie führte ebenfalls als eine andere "hohe Straße" in angemessener Entfernung auf dem Ostufer des Chemnitztales hin und verband die Untertanendörfer des Klosters Zschillen seit 1168 miteinander. Ihre früheste Entstehung könnten die steinzeitlichen Funde von Garnsdorf, Markersdorf und Auerswalde nachweisen.

 

Die Leipziger oder Reitzenhainer Straße nach Böhmen

Hier wollen wir die Betrachtungen etwas eingehender vornehmen. Die älteste Nachricht über diese Straße, die sogar als "platea" (Heerstraße) angesprochen wurde, stammt aus einem Bericht, worin sie Bischof Thietmar von Merseburg im Jahre 892 bei Bischof Arnos Tod im Bereiche des Gaues Chutizi unweit des Chemnitzflusses nennt. Wir glauben in ihr die Straße Leipzig - Chemnitz - Zschopau - Marienberg nach Prag wiederzuerkennen. Sie überschritt bei Penig die Mulde: "1292 per decursum Mulde usque Schapam et Schapam sursum usque ad antiquam semitam Bohemiorum que securit proprietatem Kameniz", das heißt vom Laufe der Mulde bis zur Zschopau und von der Zschopau aufwärts bis zur böhmischen Straße, die das Anwesen Chemnitz durchschneidet, wodurch diese Stadt zum Mittelpunkt des böhmischen Handels wurde.

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Zur Entstehung der Leipziger Straße

Anfänglich haben sich die vorgeschichtlichen Menschen zweifellos durch den Wald Jagd- pfade gebahnt, die an Wildwechsel herangeführt haben. Berührungen mit anderen Siedlergruppen müssen nicht immer zu bewaffneten Auseinandersetzungen geführt haben, sondern dienten auch dem Austausch von Produkten. Dieser erfolgte natürlich nach beiden Richtungen. So mag, von uns aus betrachtet, verhältnismäßig rasch, ein wichtiger Verkehrsweg entstanden sein. Man darf nicht vergessen, dass nicht jeder der heutigen Straßen eine solche Bedeutung zukam, wie der Leipziger Straße. Eine solche Verkehrsader musste von möglichst vielen Siedlungen aus zugänglich sein und die Gelegenheit bieten, die verschiedenartigsten Erzeugnisse einzuhandeln. Unter diesen Handelswerten scheint das Salz eine bevorzugte Rolle gespielt zu haben.

Die wirtschaftliche Bedeutung der Leipziger Straße

Vielleicht kann uns der Zolltarif vom Jahre 1471 ein Bild über den Warenaustausch geben. Penig war insofern eine Art Kontrollpunkt.

Danach erhob man Zoll: Drei Pfennig von jedem Getreide-, Salz-, Bier- und Weinfuder sowie von Karren mit Nüssen und Kastanien. Zwei Pfennig hatte ein Kohlenwagen, sechs Pfennig ein Frachtwagen mit Kaufmannsgütern zu bezahlen und gar zwei Groschen erhob man für ein Fass Wein, welches fünf bis sechs Eimer enthielt. Pferde, Ochsen, Kühe, Schweine verzollte man mit drei Hellern. Garnstücke und Gebinde, ebenso leere Wagen oder Strohwagen zahlten drei Heller Zoll. Außerdem wurde jeder Karren mit einem Pfennig Wegegeld, Träger mit Waren aller Art mit einem Heller belegt. Ein Jude, der des Weges zog, entrichtete den hohen Zoll von zwei Groschen, der ohne Waren einen Groschen.

Welche Bedeutung Penig als Markt besaß, beweist auch die Anwendung des Peniger Getreide-(Scheffel-)Maßes: 1 PM = 4 Siebmaß = 28 Dresdner Metzen. Der Dresdner war kleiner, der Waldenburger gleichgroß. Ein Dresdner Scheffel = 103,9 Liter = 4 Metzen.

Bereits 1527 soll die erste "steinerne" Brücke in Penig gebaut worden sein. Es mögen allerdings nur die Pfeiler steinern gewesen sein, auf denen das Gebälk ruhte, da man sich zu dieser Zeit noch keine steinernen Brückenbogen zu errichten getraute. Sie brannte 1547 ab. Am Morgen des 11. Mai 1595 sind Juden von Prag zum ersten Male darüber gefahren, und so ist sie hiernach die Judenbrücke genannt worden. 1681 ziehen starke Pferdetransporte unter Führung eines "wienerischen Leutnants" über die Straße. 1695 zählte ein solcher Transport 383 Koppelpferde. Es war die Zeit, in der sich Österreich kaum gegen die Türken erwehren konnte.

Weshalb die Leipziger Straße in unserer nächsten Umgebung keine andere Richtung eingeschlagen hat? Die meisten Experten sind der Meinung, diese Straße müsse als uralter Weg gewissermaßen schon die neue Straße vorgezeichnet haben. Nun ist aber aus alten Karten ersichtlich, dass von Chemnitz heraus über Herrenhaide (1792) noch die sogenannte "kleine Straße", bei der Wasserschänke abbiegend, bestanden hat.

Die Absicht, diese Straße, die den steilen Hartmannsdorfer Berg umging, anders zu bauen, scheint die sächsische Regierung tatsächlich gehabt zu haben, denn 1793 wurde eine Abordnung Burgstädter Industrieller in Dresden beim Minister vorstellig, er möge die neu geplante Chemnitz - Leipziger - Straße nicht, wie in Aussicht genommen, über Burgstädt legen. Diesem Wunsche wurde anno dazumal leider entsprochen. In der Folge blieb Burgstädt ein Landstädtchen.

Die Leipziger Straße wird häufig "hohe Straße" genannt, wohl weil sie auf den Höhen dahinführte und die Täler mit ihren zahlreichen Wasserfluten sorgsam mied, wobei sie den Fluss auf dem kürzesten, freilich steilsten Wege überschreiten musste.

Eine Urkunde von 1440 sagt von den Straßen um Chemnitz, es seien einige durch Bäume, aufgeworfene Gräben und andere Zeichen beraint, das solle nun auch mit den übrigen Straßenrändern geschehen. Dabei sei die Straße so breit zu halten, dass drei beladene Rüstwagen nebeneinander fahren oder einander ausweichen könnten.

Die Straße, die aus dem gleichen Erdboden wie das benachbarte Feld bestand, versumpfte bei andauerndem Regenwetter und bei starkem Verkehr. Wenn in alten Urkunden öfters betont wird, Lastwagen hätten des Zolles wegen "dem rechten Gleis" zu folgen, so weist das ebenfalls auf den Zustand der Straße hin, in die die Räder tiefe Furchen zogen, aus denen sich ein schwer beladenes Gefährt nur mit größter Anstrengung lösen konnte.

Vermutlich deswegen wurde sehr bald den Bewohnern der anliegenden Dörfer die Verpflichtung zu Straßenausbesserungsarbeiten gerichtlich in jedem Gutskaufvertrag festgelegt. Trotzdem weigerten sich die Röhrsdorfer Bauern bereits 1563, den ihnen obliegenden Bau der Leipziger Steaße auszuführen, bis der Amtsschösser dem Rate der Stadt Chemnitz zu Gemüte führte, dass diese Weigerung nicht ganz unberechtigt wäre, weil ihnen das übliche Bier nicht zugesagt worden war. In einem Aktenstück von 1744 berichte der Straßenbauinspektor, die durch Penig führende "hohe Straße" sei löchrig, morastig, zerfahren und grabenlos.

Auch Wegweiser standen an dieser Straße. Der Älteste bei der Wasserschänke, der auf den Flurnamen "Zuckmantel", das heißt Mantelkiefer, hinwies. 1609 bestand die "Mühlauer Kiefer" und 1651eine an der Landstraße bei Chursdorf. Dazu kamen eine ganze Anzahl heute noch bekannter Schankstätten: Der "Zeisig" bei Penig, die "Linde", die "Pumpschänke" bei Chursdorf, die "Wasserschänke", das Schankgut Röhrsdorf (beim heutigen Wildpark), die neuen Schenken südlich von Chemnitz und der "Goldene Hahn" bei Altenhain.

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Vielfältiges Geschehen sah die Leipziger Straße

Bald waren es die Eroberer, wie 892, bald waren es die Boten des Christentums, die zur Bekehrung der heidnischen Slawen eingesetzt wurden, bald waren es die Züge germanischer Ritter und Bauern, die hier entlang zogen. Unter den ersten mögen wohl die Benediktinermönche gewesen sein, die um 1136 zur Errichtung des Bergklosters Chemnitz schritten, das ihnen im Jahre 1143 König Conrad III. als Besitz bestätigte.

Die Gelegenheit, sich auf diesen Straßen unrechtmäßig zu bereichern, war günstig. Den Drachenfelser und Zinnberger Rittern, ja auch Kunz von Kaufungen sagt man jedenfalls solche Betätigung nach.

1503 belebten Wallfahrtszüge die Straße. So als von Penig etwa 200 Männer und Frauen nach Grünthal in Schlesien zum "wundertätigen" Muttergottesbild pilgerten. Voran trug man eine Fahne mit dem Bilde der Jungfrau Maria und dem Stadtwappen Penigs, der Altenburger Rose. Weinend, im Gänsemarsch, seien die Wallfahrer am 7. August aufgebrochen, ohne dass auch nur ein Stück Wegzehrung mitgenommen wurde, und seien am 16. August wieder in die Heimat gelangt, so berichtet der Kanzlist der Peniger Herrschaft.

1547, im sogenannten Schmalkaldischen Krieg, sah die Straße abermals böhmische Krieger. Der Kurfürst Johann Friedrich hatte die Truppen des Herzogs Moritz aus seinem Lande vertrieben und forderte Penig am 16. Januar auf, 3000 bis 4000 seiner Krieger aufzunehmen. Penig, das zum Gebiet Meißen gehörte, bat Herzog Moritz, der sich in Chemnitz aufhielt, um Hilfe. Zur Beruhigung sandte er der Stadt Chemnitz 80 Husaren und 95 schwarze Reiter, die ihm sein Schwager, der Böhmenkönig, zur Unterstützung geschickt hatte. Doch der Chronist, der von ihnen berichtet, ist nicht gut auf das "fremde, unchristliche und gottlose Volk" zu sprechen.

1632, im Dreißigjährigen Krieg, zogen anfangs nur einzelne Trupps von Soldaten über die Straße, ließen freilich in den angrenzenden Dörfern bis nach Chemnitz hin eine große Anzahl Bauernhöfe in Schutt und Asche zurück, bis General Holk und Wallenstein nach der verlorenen Schlacht bei Lützen diese Rückzugsstraße benützten. Holk ließ dabei Penig in Brand stecken.

1703 sah die Straße den Aufzug des österreichischen Herzogs Karl, der König von Spanien geworden war. Er reiste unter voller Pracht des spanischen Hofstaates mit 50 Kutschen und Kaleschen in Begleitung von 290 Personen.

1706 rückten die Schweden unter König Karl XII. Von Schweden auf der Straße vor, besetzten Penig und die umliegenden Dörfer. Karl bezog in Penig Quartier.

1719 zog Zar Peter der Große zum Besuche des sächsischen Hofes die Straße entlang.

1806 führte Prinz Louis Ferdinand einen Teil der preußischen Armee nach Thüringen. Bald folgten die geschlagenen Teile der sächsischen Armee nach der Schlacht bei Jena und Auerstädt.

1813 tauchten die ersten Schwärme russischer Kosaken schon im März auf, denen Blücher mit seinem Heere am 1. April folgte, danach König Friedrich Wilhelm III. Von Preußen am 30. April von Chemnitz her. Aber bereits am 3. Mai flutete die geschlagene Armee von Großgörschen zurück. Zar Alexander, der König von Preußen, Russen, Franzosen, ächzende Verwundete auf schwerfälligen Wagen waren in diesem Menschenstrome. Am 7. Mai traten bereits Bayern als Vorhut der französischen Armee auf, dann wurde es still bis gegen Ende September 1813. Die heranrückende österreichische und russische Armee fühlte langsam vor (kleines Gefecht bei Röhrsdorf) gegen den französisch-polnischen Vorposten, bis sie nach hartnäckigem und blutigen Kampfe vom 4. bis 9. Oktober den Muldenübergang Penig nehmen konnten.

1849, Anfang Mai, rückten auf der Straße 40 Freischärler, gut bewaffnet mit Ober- und Untergewehr, durch Burgstädt nach Mittweida vor. Ihnen folgten weitere 1500 Mann, die nur mit Piken, Sensen, alten Sicheln und rostigen Säbeln ausgerüstet waren. Ihr Hauptmann war ein Kaufmann aus Glauchau. Sie wollten den Revolutionären in Dresden zu Hilfe kommen. Danach konnte lange Zeit hindurch der friedliche Verkehr seine Bahnen ziehen, wenn auch die Eisenbahn die meisten Gütertransporte wegnahm, so dass die zahlreichen Gasthöfe vereinsamten.

An der Leipziger Straße in Hartmannsdorf befindet sich auch eine Gedenkstätte an die Kämpfe der Arbeiterschaft. Am 15. Januar 1930 demonstrierten hunderte Arbeiter aus dem gesamten Textilgebiet an der Recenia um gerechte Löhne. Im geheimen Auftrag erschoss hier die deutsche Polizei fünf deutsche Arbeiter, dessen bekanntester Vertreter wohl Bruno Freitag war, dessen Name die Fabrik nach dem 2. Weltkrieg erhielt.

In den letzten Tagen des 2. Weltkrieges fluteten die Kolonnen des zerschlagenen deutschen Heeres überstürzt nach Chemnitz zurück, hart bedrängt von amerikanischen Panzerkampfwagen. Eine Zeit lang zog sich zwischen Röhrsdorf und dem Bornaer Berg die Frontlinie dahin, bis schließlich die vom Osten heranrückenden Truppen der Roten Armee auf der Leipziger Straße heranzogen und gemeinsam mit den Amerikanern unser Gebiet befreiten.

Heute dient die Leipziger Straße als Bundestraße wieder dem friedlichen Verkehr und die alltäglichen Verstopfungen beweisen die Wichtigkeit dieser Magistrale.

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7. Die Entwicklung des Schulwesens in Köthensdorf

Da wir im August 2002 das 90-jährige Bestehen unseres Schulhauses feiern, möchten wir einmal zurückschauen auf das gesamte Schulwesen in Köthensdorf von der Zeit Martin Luthers bis heute.

Allgemeine Lage nach der Reformation

Wo und wann in Köthensdorf das erste Mal Schule gehalten wurde, wird wohl niemals festzustellen sein. Die Volksschule gehörte nicht zu jenen Einrichtungen, welche durch Gesetzeskraft mit einem Schlage ins Leben traten und obwohl nach Einführung der Reformation im Jahre 1539 Anläufe zur Gründung von Schulen gemacht worden sind, vergingen bald noch zweihundert Jahre, ehe der Staat sich für diese Bildungsanstalten des niederen Volkes interessierte.

Allererste Einrichtungen solcher Art lagen ausschließlich in den Händen der Geistlichkeit und entstanden zunächst in den Kirchdörfern. Der Küster oder Kirchendiener wurde mit dem Unterricht der Jugend, welcher damals nur in Unterweisung des Katechismus und Einübung von Kirchenliedern bestand, betraut. Diese Kirchschulen, deren Bestimmungen nur einen Teil der Kirchenordnung ausmachten, haben lange bestanden, und die Kinder eingepfarrter Ortschaften sind dann, soweit sie überhaupt zur Schule gingen, diesen Anstalten zugeführt worden. Schul- pflicht kannte man damals nicht. Erst im Jahre 1805 ordnete die sächsische Regierung diese an. Die Verhältnisse brachten es, zumal auf dem Lande mit sich, dass nur zu gewissen Jahreszeiten Schule gehalten wurde. Meistens geschah dies im Winter, aber auch da kamen die Kinder, abgehalten durch schlechte Witterung oder andere Umstände, wie Mangel an Kleidung oder Schuhwerk, nur unregelmäßig. Im 17. Jahrhundert, zur Zeit des Dreißigjährigen Krieges, gingen vielerorts die Schulen wieder ein und erst gegen Ende dieses Zeitabschnittes erwachte das Interesse dafür wieder.

Anfangs gingen die Kinder in die Kirchschule nach Taura

Bis zum Ende des 17. Jahrhunderts können wir mit Bestimmtheit annehmen, dass die Köthensdorfer Kinder nach Taura in die Kirchschule gegangen sind. Für diese Annahme sprechen gewisse Beziehungen der Gemeinde Köthensdorf zur Tauraer Schule. Bis weit ins 19. Jahrhundert hinein waren an die Kirchschule Abgaben zu leisten. Weiter stand nur dem Tauraer Kirchschullehrer die Befugnis zu, in Köthensdorf den sogenannten Gregoriusumgang aufzuführen. Dieser wurde von dem Tauraer Lehrer bis zum Jahre 1841 abgehalten. Der Ertrag des Sing-Umganges machte einen Teil des Kirchschuleinkommens aus und bei der Ablösung im genannten Jahre zahlte Köthensdorf an den Kirchschullehrer Fuhrmann in Taura die Summe von 5 Taler. Wir hatten in Köthensdorf weit über 100 Jahre einen eigenen Lehrer, aber bei Leichenbegängnissen, durfte nicht dieser, sondern nur der Tauraer Kirchschullehrer mit seinen Kindern die Trauergesänge zum Vortrage bringen. Erst von 1851 an war es der hiesigen Schule erlaubt, bei Leichenbegängnissen durch Gesang und Begleitung mitzuwirken. Die Angelegenheit schien damals so wichtig, dass sie ins Gemeindebuch eingetragen worden ist. Trotzdem hielten die hiesigen Bewohner am alten Herkommen fest, so dass auch in der Folge, bis zum Jahre 1890, meist der Tauraer Lehrer die Trauergesänge in Köthensdorf ausführte.

Der Gregoriusumgang - der Beginn unserer Schulfesttradition

Der oben erwähnten, sehr alten und längst vergessenen Sitte des Gregoriusumganges sei hier noch im besonderen gedacht. Ich folge hierbei den Ausführungen eines alten Dorfschulmeisters, dessen Beschreibung des Umganges wohl für alle sächsischen Dörfer Gültigkeit haben dürfte.

Das Gregoriusfest, ein Schulfest zu Ehren Papst Gregor I., dem Schutzheiligen der Schuljugend, wurde schon im frühen Mittelalter gefeiert. Es fiel stets auf den 12. März, dem Tage des Heiligen. Bei dem späteren Schulumgang kam man indessen von diesem Tage ab und verlegte die Feier auf einen beliebigen, schönen Frühlingstag kurz nach Ostern. Es nahmen nur die älteren Kinder, welche alle festlich gekleidet waren, und in Begleitung des Lehrers erschienen, teil. Vorher hatte der Lehrer einige Lieder und Arien eingeübt, von denen dann immer einige in den jeweiligen Gehöften gesungen wurden. Die Mädchen trugen bei dieser Zeremonie Stäbe, auf welchen kleine Kränze und Papierschleifen befestigt waren. Von den Knaben hatten sich viele Naturholzstöcke besorgt, die durch Herausheben der Rinde mannigfache Figuren zeigten. Manche schlangen sich auch Papierschärpen um den Leib. Allen voran ging der sogenannte Eierjunge, besonders gekennzeichnet durch einen um den Hals geschlungenen roten Gurt, an welchem ein Korb hing. Im Hofe eines Bauerngutes angekommen, sang der Chor einige Lieder, worauf die Kinder zurücktraten. Nur der Lehrer mit dem Eierjungen blieb und trat zur Tür des Hauses, wo ihm ein Geldgeschenk gereicht wurde. Kirchschullehrer konnten einen guten Groschen fordern, Kinderlehrer oder Katecheten jedoch nur einen Sechser. Nachdem dies geschehen war, trat der Eierjunge vor und bat um einige Eier. Die gütige Hausfrau gab sie ihm, dafür beschenkte nun der Junge, falls kleine Kinder zu der Bäuerin traten, diese aus Erkenntlichkeit mit mehreren Bildern, die aus Bilderbogen geschnitten, in reicher Auswahl im Eierkorbe hingen. So ging es von Hof zu Hof, aber nicht überall ließ man den Schülerchor hinein. Geizige verschlossen das Tor, so dass die gekränkten Kinder in ihrem Ärger mitunter Steine aufhoben und sie nach der Tür des Hartherzigen warfen. Es gab natürlich auch Leute, die freiwillig mehr gaben, ja den Lehrer samt Kindern ins Haus nötigten, um sie dort mit Kaffee und Kuchen zu bewirten. War nun das ganze Dorf abgegangen und kam der Abend heran, so begaben sich die Kinder ins Dorfwirtshaus, wo ihnen dann ihr Lohn winkte. Der Wirtin oblag es nun, die gesammelten Eier der Kinder auf Butter, die so nebenher noch abgesprungen war, zu backen und der hungrigen Schar einen rechten Abendschmaus zu bereiten. Inzwischen hatten sich auf Bestellung einige Dorfmusikanten eingefunden, so dass nach dem Essen gleich der Tanz beginnen konnte. Nachdem die Schuljugend in vorgerückter Stunde sich heim begab, setzten Erwachsene die Lustbarkeit bis gegen Mitternacht fort. Der Gregoriusumgang war freilich eine des Lehrers unwürdige Bettelei, doch verbarg sich in der Sitte der Rest eines uralten Festes. Für das sehr eintönige ländliche Leben damaliger Zeit bedeutete der Singumgang jedesmal ein Ereignis, dem man gerne entgegen sah. In Köthensdorf erstarb der alte Brauch im Jahre 1841.

War die Volksschule in ihrem Anfangsstadium nur Werkstätte der christlichen Kirche, so trat allmählich im 18. Jahrhundert ein Umschwung ein, der die Schule auch in den Dienst des praktischen Lebens stellte. Viele einsichtsvolle Männer waren sich darin einig, dass Volksbildung eine sehr notwendige Sache sei, dass nur hierdurch der Staat treue Untertanen erhalte, dass sich nur durch Kenntnisse Handel und Wandel heben könne, und dass überhaupt der sittliche und moralische Aufstieg des Volkes nur durch gute Schulbildung gewährleistet sein kann. Mancherlei Gründe waren maßgebend, um auch in eingepfarrten Dörfern Schulen entstehen zu lassen. Einmal war es der meist weite Weg zur Kirchschule, zumal für die Kleinen. Dann fehlte es ärmeren Kindern zur Winterszeit an warmen Kleidern und Schuhwerk. Dazu kam noch, dass die Kirchschule überfüllt war, und endlich gab auch Unzufriedenheit mit dem Lehrer den Ausschlag zur Schaffung einer eigenen Lehranstalt. So machte sich verhältnismäßig früh, neben vielen anderen Ortschaften, auch unser Dorf daran, einen sogenannten Kinderlehrer oder Katecheten anzustellen. Diese letzteren waren nun freilich nur Lehrkräfte zweiter Klasse und nur wenig oder gar nicht für ihren Beruf vorgebildet. Es wird berichtet, dass Leineweber, Tuchmacher, Schneider, Barbiere und andere, die sich einige Kenntnisse auf irgend eine Art angeeignet hatten, als Kinderlehrer von den Gemeinden angenommen wurden. Bedingung für die Anstellung war die bestandene Prüfung zunächst beim Pfarrer, dann beim Superindententen. In sogenannten "Winkelschulen" stellten die Bauern auch Lehrer an, ganz nach Gutdünken, ohne irgend eine Behörde auch nur in Kenntnis zu setzen. Der erste für Köthensdorf nachweisbare Lehrer ist Peter Schubert, welcher bereits im Jahr 1722 unterrichtete. Ein Schulhaus gab es zu jener Zeit im hiesigen Ort noch nicht. Es bestand vermutlich die sogenannte Reihenschule. Das heißt, der Unterricht erfolgte bei den Bauern in der Wohnstube der Reihe nach. Man kann sich denken, wie schwer die Kinder unter solchen Umständen zur Aufmerksamkeit zu bringen waren, da ja fortwährend durch häusliche Verrichtungen Störungen eintreten mussten. Es war dann immerhin ein Fortschritt, als Köthensdorf im Jahre 1733 Adam Heinrich Gottlebe als Lehrer gewann, der den Unterricht bis 1749 im eigenen Hause erteilen konnte. Fünf Jahre nach seinem Antritt erbaute Gottlebe das Haus Gasse 1, das später zum Doppelhaus ausgebaut wurde. Es zeugt vom fortschrittlichen Geist in Köthensdorf maßgebender Kräfte, dass bereits 1750 ein eigenes Schulgebäude geplant wurde. Diese Absicht fällt zusammen mit der von Limbach übergreifenden Entwicklung des Strumpfwirkerhandwerkes. Das Schulhaus von 1750 wurde als einfacher Lehmbau an der Gartenecke des eingegangenen Otto’schen Gutes erbaut. An seiner Stelle steht heute das 1999 rekonstruierte Haus Köthensdorfer Hauptstraße 36. Das erste Köthensdorfer Schulhaus hatte eine Schulstube, in der die Kinder in "zwei Häuflein", so bezeichnete man seit Alters her die Klassen, von einem Kinderlehrer unterrichtet werden sollten. Sollten! Denn sicher aus einer Zwangslage heraus nutzte man bis 1805 das Haus nicht als Schule, sondern als Armenhaus. Johann Daniel Helmuth, der das Lehreramt 1749 von Gottlebe übernahm und bis 1805 wirkte, konnte das umfunktionierte Schulhaus somit gar nicht nutzen.

Erst Johann Welker, der Helmuth 1803 abgelöst hatte, konnte 1805 das geräumte Haus als Schule nutzen. Sicher hat das 1805 erlassene Gesetz, das die allgemeine Schulpflicht vorsah, den Anstoß dazu gegeben, das bisherige Armenhaus zu Schulzwecken freizugeben. Vorher stand der Schulbesuch vollkommen im Ermessen der Eltern. Es gab Kinder, die an keinem Unterricht teilnahmen. Es waren wohl die Ärmsten, deren Eltern das Schulgeld nicht aufbringen konnten, und die von früher Kindheit an mit ihrer Arbeit zuverdienen mussten. Andere besuchten die Schule unregelmäßig, meist nur im Winter, wenn sie nicht in der Landwirtschaft mithelfen

mussten. Aus diesen Gründen fand oft längere Zeit keine Unterweisung statt.

Johann Welker war Strumpfwirkermeister und wurde 1785 bei der Gründung der Limbacher Strumpfwirkerinnung zum Innungsschreiber gewählt, da er ein Meister der Schreibkunst gewesen sein soll. Diese Begabung hat ihn sicher später dazu veranlasst, sich um die Köthensdorfer Lehrerstelle zu bewerben. Ob sich dieser Wechsel ausgezahlt hat, ist zweifelhaft, denn er wurde im Alter sehr geringschätzig behandelt. Seine Altersversorgung betrug "pro Woche 16 Groschen aus der Armenkasse. Er hat auch freie Wohnung und man will ihm, wenn er zum Winter noch leben sollte, notdürftige Feuerung geben." Johann Welker starb als sehr armer Mann.

Der Leineweber und Hausbesitzer Christian Friedrich Irmscher folgte als Lehrer. Mit dessen Tätigkeit, die bis 1826 währte, ging auch die Funktion des ersten Schulhauses zu Ende. Durch die eingeführte Schulpflicht gab es zu jener Zeit bereits 100 Köthensdorfer Schüler. Das alte Haus genügte diesen Anforderungen nicht mehr, wurde an Johann David Ahnert verkauft und 1827 von diesem abgebrochen. Ahnert baute es jedoch in der alten Form wieder auf und zwar auf dem Platze, wo sich einst das alte Kühnert’sche Haus befand. Für einige 30 Thaler hatte Ahnert auch dieses alte Lehmhaus erworben, trug es ab und errichtete dort als Wohnhaus die frühere Schule (heute Köthensdorfer Hauptstraße 41).

1826 kam August Friedrich Leunert aus Flöha als Lehrer nach Köthensdorf. Dieser besaß nun bessere Vorbildung als seine Vorgänger, denn er hatte das Lyzeum zu Chemnitz besucht. Leunert hatte bereits in Wittgensdorf amtiert. Unter ihm wurde ein neues Schulhaus errichtet, das für ungefähr 100 Schüler Raum bot. Das Schulhaus von 1827 wurde an gleicher Stelle errichtet, wo das vorherige abgerissen worden war (Köthensdorfer Hauptstraße 36). Es hatte auch nur ein Klassenzimmer. Es gab ja nur einen Lehrer und an die Notwendigkeit, einmal einen zweiten anzustellen, dachte niemand. Die hundert Kinder wurden in zwei Klassen im zeitlichen Wechsel unterrichtet. Der Bau kostete damals 850 Thaler und war, obwohl die Lehrerwohnung mit eingebaut wurde, den Anforderungen der Gegenwart gemessen, sehr einfach. Es war ein Fachwerkbau mit rotem Ziegeldach. Es gab keinen Keller. Im Hof stand ein Brunnentrog, der mit Röhrwasser gespeist wurde. 1852 musste der Brunnentrog erneuert werden. Der Müller Ulbricht aus der Köthensdorfer Mühle baute diesen Trog aus Eichenholz, der noch später durch ein steinernes Becken ersetzt wurde. An beiden Hausgiebelseiten gab es einen Gemüsegarten. Beim Ausbau der Dorfstraße 1859 musste der an der Südseite angelegte Garten jedoch zurückgenommen werden. Der freie Platz vor der Schule diente den Kindern zum Spielen, auf ihm stand die Dorflinde. Im August 1852 wurden umfangreiche Reparaturen am Schulhaus notwendig. Ein Hagelschlag hatte Fensterscheiben zertrümmert, das Ziegeldach musste ausgebessert werden, und der Zimmermann Weigel richtete die Wandtafeln wieder her. 1955 wurde die Schulstube renoviert und das Gewölbe erhielt Dielung.  1850 gab es schon 170 Schulkinder, die immer noch von einem Lehrer betreut wurden. Es mussten jedoch noch 20 Jahre vergehen, ehe das Schulraumproblem gelöst werden konnte. Das Schulhaus von 1827 ist eng mit der Persönlichkeit des Lehrers August Friedrich Leunert verbunden. Von den 45 Jahren, die das Haus als Schule diente, wirkte Leunert 38 Jahre als Lehrer und seine Lehrtätigkeit ist gewiss eine segensreiche gewesen. Seine Einstellung zum Schulamt geht am besten aus einer Niederschrift, die er bei seiner Prüfung im Jahre 1826 an den Superindententen abgab, hervor. Er schreibt über die Pflichten eines christlichen Schullehrers das Folgende: "Die wesentlichen Pflichten eines christlichen Schullehrers bestehen kürzlich darinnen, dass er sein Amt treu verwaltet, die ihm anvertraute Jugend in der Religion Jesu und anderen nützlichen Dingen gründlich und deutlich unterrichtet, zu der Schwachheit der Kinder sich herablässt, mit ihren Fehlern Geduld habe und ihnen dieselben mit der Liebe abzugewöhnen suche. Vorzüglich aber, dass er den Kindern ein böses Beispiel zu geben sich sorgfältig hüte, vielmehr in Leben und Wandel mit bestem Exempel ihnen vorangehe."

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Von der Armut der Lehrer

Allgemeine Wertschätzung Leunerts im Orte verhinderte aber nicht die drückende Lage des Lehrers. Eine bewegende Klage von ihm an den Superintendenten vom Jahre 1836 lautet wörtlich: "Er habe fast noch gar kein Gehalt bekommen und er müsse froh sein, wenn der Schulgeldeinnehmer ihm auf seine Bitte monatlich eine kleine Summe vorschieße." - "Der arme Mann", bemerkte sein Vorgesetzter, "gerät mit seiner Familie in die drückendste Not." Das hier Gesagte ist nun nicht etwa ein Ausnahmefall, welcher nur unseren Ort betrifft, es war zu jener Zeit fast die Regel in allen kleinen Dörfern. Lehrer Leunert war gezwungen, sich nach Nebenerwerb umzusehen und betrieb dann den Handel mit Medikamenten.

Am 25. September 1843 behandelte der Gemeinderat das Gesuch des Lehrers Leunert, ihm einen Keller zu bauen, in dem er seine "Erdäpfel" unterbringen konnte. Das Schulgebäude war ja nicht unterkellert. Der Rat lehte das Gesuch für das laufende Jahr ab. Der Gemeindevorsteher Bonitz und der "Begüterte" Hering waren geneigt, dem Schullehrer ein Plätzchen zur Schüttung seiner Erdäpfel einzuräumen. Am 10. September 1845 traf der Gemeinderat die endgültige Entscheidung, einen Schulkeller im Winkler’schen Grundstück bauen zu lassen (Bergkeller an der unteren Gasse, unterhalb des heutigen Gutes der Familie Schlimper). Beauftragt wurde der Tauraer Maurermeister Müller, ihn für 15 Thaler auszubauen.

Infolge Altersschwäche ging der Lehrer Leunert im Jahre 1865 in den Ruhestand. Um seine spätere Versorgung zu regeln, bildete sich eine Kommission aus folgenden Herren: Superintendent Dr. Siebenhaar, Gerichtsamtmann Martini und Gerichtsauktuar Klinger aus Burgstädt und Herr Baron von Leuschner auf Rittergut Limbach. Nach langer Debatte wurde sich endlich dahin geeinigt, dass Leunert jährlich 120 Thaler inklusive Holz- und Brotgeld erhalten soll. Auch wurde demselben noch zugesichert, den Betrag auf 150 Thaler zu erhöhen, wenn die Staatskasse das Fehlende trägt. Leunert verließ nun unseren Ort, aber die Quellen verschweigen, wo er seinen Lebensabend verbrachte.

Es sei nun hier noch einiges über die Einkommensverhältnisse der alten Dorflehrer berichtet. Wie schon aus dem Vorhergehenden zur Genüge hervorgeht, waren die alten Schulmeister in finanzieller Hinsicht nicht auf Rosen gebettet. Der Grund hierfür lag ganz natürlich in dem armseligen Leben jener Zeit. Wocheneinkommen von 1 Thaler galten damals für den schlichten Mann als ausreichend. Wen wundert’s, dass man dem Lehrer auch nicht viel mehr zubilligen wollte, um so mehr da ja diese Leute aus demselben Stande hervorgegangen waren. Drang die Behörde ausnahmsweise auf Besserung des Lehrergehaltes, so geriet das ganze Dorf in die größte Aufregung. Der Schullehrer war dann den gröbsten Anfeindungen ausgesetzt, mitunter machte man ihm das Leben derart schwer, dass er wohl oder übel das Amt aufgeben musste. Als im Jahre 1805 in Taura das Schulgeld erhöht wurde, um dem Lehrer Zschille ein besseres Einkommen zu verschaffen, zerstörten erboste Einwohner demselben seinen Gemüsegarten. Sie drangen des Nachts in den Garten ein und zogen die im besten Wachstum stehenden Kartoffel- und Gurkenpflanzen aus der Erde. Überhaupt stand man in der alten Zeit der Schule nicht sehr wohlwollend gegenüber. Infolge des sehr geringen Wohlstandes der Bevölkerung waren die niederen Klassen gezwungen, ihre Kinder schon frühzeitig zur Arbeit heranzuziehen, und die Schulstunden galten deshalb bei vielen als verlorene Zeit.

Das Einkommen der alten Lehrer setzte sich zusammen aus dem Schulgeld, dem sich dann noch Naturalbezüge an Brot, Eiern, Käse und Brennholz anschlossen.

Es sind Fälle bekannt, dass die Lehrerfrauen infolge des niedrigen Einkommens ihrer Ehegatten das Hausiergewerbe betrieben, ja, die Leipziger Messe bezogen. Erst in der Zeit nach 1879 kam der Lehrerstand nach und nach zu besserem Einkommen.

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Das Schulwesen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts

Der erste Lehrer in Köthensdorf mit Seminarbildung war Albin Georgi aus Schweizerthal. Er wurde am 30 Dezember 1865 feierlich von dort geholt. Sieben Kutschen bildeten bei der Abholung eine Korsofahrt. An der Schule angekommen, hielt Richter Bonitz die Begrüßungsansprache. Pastor Arendt als Lokalschulinspektor und Lehrer Fuhrmann aus Taura als Kirchschullehrer, hielten ebenfalls Reden. Abends fand in der Thiele’schen Gastwirtschaft eine öffentliche Feier statt, bei welcher der in diesem Zusammenhang erstmalig erwähnte Gesangverein mehrere Lieder vortrug.

Georgis Wirken in Köthensdorf fand Anerkennung. Er gestaltete den Schulgarten neu und erledigte schriftliche Arbeiten für die Gemeinde. Ab 1867 fertigte er im Gemeindebuch die Protokolle der Sitzungen des Gemeinderates an. Er erhielt dafür jährlich 6 Thaler Entschädigung. Die Gemeinde glaubte in Georgi den Mann gefunden zu haben, der auf längere Zeit hier segensreich wirken sollte. Sie hatte sich aber getäuscht. Schon 1871 verlässt er Köthensdorf und sein Nachfolger wird Karl August Böhme.

Böhme, der zuvor in Oberlichtenau amtierte, wurde vom Besitzer der Reitzenhainer Firma Bräunig (heute Doppelmoppel) in dessen Kutsche mit Frau und Kind aus Oberlichtenau abgeholt. Der Kutsche folgten zwei Fuhrwerke mit den Möbeln. Die Fuhrleute erhielten dafür 15 Groschen und mussten davon noch das Brückengeld für die Überquerung der Chemnitz bezahlen. Der Fabrikant Bräunig erließ es ihnen auch in diesem Falle nicht. Der Schulvorstand und die Schuljugend empfingen den neuen Lehrer mit Brezeln und Warmbier.

Das Schulhaus von 1872

Die Raumnot und die immer häufiger erforderlichen Reparaturen im bisherigen Schulhaus zwangen die Köthensdorfer, ein neues Gebäude zu erbauen. Man brauchte bei der angestiegenen Schülerzahl unbedingt zwei Klassenräume.

Das Schulhaus von 1872 erhielt seinen Platz gegenüber der alten Schule (heute Wohn- und Gewerbehaus - Physiotherapie Beck). Im Erdgeschoss lagen zwei Klassenzimmer und im ersten Stock war eine Lehrerwohnung sowie Wohnraum für einen Hilfslehrer, dessen Anstellung notwendig geworden war. Für den Schulneubau hatte die Gemeinde bei der Sparkasse in Penig ein Darlehen von 2.000 Thalern aufgenommen. 300 Thaler Zuschuss zahlte das Kultusministerium und weitere 300 Thaler lieh man sich von der Köthensdorfer Strumpfwirker- Innungskasse.

Am 4. März 1872 wurde das neue Schulhaus von Hofrat und Gerichtsamtmann Hartenstein in Begleitung des Referendars Dr. Forker sowie des Amtsmaurermeisters Vettermann übernommen. Sie äußerten ihre volle Zufriedenheit über den Neubau.

Am 6. März erfolgte dann die Weihe der neuen Schule. Es hatten sich vormittags um 10 Uhr eingefunden Pfarrer Gerstenberger und Lehrer Fuhrmann aus Taura sowie der hiesige neue Lehrer Böhme inmitten des Schulvorstandes und der Schuljugend. Es nahmen weiter teil der Gemeinderat und eine große Anzahl Ortseinwohner. Vor der alten Schule hielt nach dem Gesang des Chorals "Nun danket alle Gott" Pfarrer Gerstenberger die Abschiedsrede. Nach dieser erklang der letzte Vers des genannten Liedes und man ordnete nun den Festzug, welcher sich entlang des Kirchsteiges, von da nach der oberen Dorfstraße und auf dieser herab bis an das neue Schulgebäude bewegte. Nach dem Singen eines Gesangbuchliedes sprach Pastor Gerstenberger die Weihrede und anschließend Lehrer Böhme seine Antrittsrede. Mit dem Liede "Lass mich dein sein und bleiben" schloss die Feier am Schulhause. Die fremden Gäste mit dem Schulvorstand begaben sich nun in den Röderschen Gasthof (alter Gasthof) zur Festtafel. Abends fand für die Ortseinwohner ein öffentliches Tanzvergnügen statt.

Das Schulhaus wurde erbaut unter dem Gemeindevorstand Christian Friedrich Wehner. Unsere älteren Einwohner waren es gewöhnt, an der Schuluhr die Zeit abzulesen. Anfänglich besaß aber die neue Schule kein Uhrwerk. Dies wurde erst viel später eingebaut. Es handelte sich dabei um ein gebrauchtes Werk, aus Altendorf (jetzt Ortsteil von Chemnitz) stammend.

Lehrer Böhme blieb bis 1877 im Ort. An seine Stelle trat im genannten Jahr Franz Hugo Kupfer, zuvor in Zschopau Hilfslehrer.Er brachte es hier in Köthensdorf bis zum Oberlehrer und war weit über Köthensdorfs Grenzen bekannt und beliebt. Unter ihm kam der Hilfslehrer Staub hierher und Kupfers Gattin wurde die erste Lehrerin für Handarbeiten. Diese Frau war auch die Gründerin und erste Vorsteherin des hiesigen Frauenvereins. Lange Zeit unterrichtete Lehrer Kupfer mit einem Hilfslehrer in vier Klassen, aber im Jahre 1907 machte sich die Anstellung einer dritten Lehrkraft nötig, und die Kinder wurden nun in sechs Klassen eingeteilt. Bereits zu jener Zeit waren Anzeichen der Raumnot wieder da, aber man behalf sich noch einige Jahre so gut es gehen wollte.

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Die Schule von 1912

Oberlehrer Kupfer ging 1909 in den Ruhestand und zug in die Frohburger Gegend. Sein Nachfolger war Karl Preußler. Unter diesem Lehrer sowie unter dem Gemeindevorstand Emil Schüßler kam dann der Bau unserer jetzigen Schule zustande. Doch ehe es soweit kam, waren keine geringen Schwierigkeiten zu beheben. Zunächst galt es wegen der Reitzenhainer Kinder, die seit alters her in die hiesige Schule gingen, ein Abkommen bezüglich eines Kostenbeitrags mit der Gemeinde Taura zu treffen. Letzteren schien die geforderte Summe viel zu hoch. Nun wollte Köthensdorf die Reitzenhainer Kinder aus der hiesigen Schule verweisen. Dies wurde aber von der vorgesetzten Behörde vereitelt, so dass schließlich Taura in der Weise nachgab, indem es seinen Ortsteil im Jahre 1909 ganz an Köthensdorf abtrat. Nach dieser Regelung galt es, die Platzfrage zu lösen. Hierbei kam der Gutsbesitzer Robert Speck der Gemeinde entgegen, indem er für einen mäßigen Preis ein Stück Gutsareal von etwas über 5000 Quadratmeter als Baustelle abtrat, das ehemals zum aufgelösten Otto’schen Gut gehört hatte. Ein Stück des Kirchsteiges musste als Schulstraße ausgebaut werden. Den hierzu benötigten Landstreifen gab Speck der Gemeinde unentgeltlich. Der Bau des Schulhauses begann im zeitigen Frühjahr 1912 unter der Leitung des Architekten Beyer aus Chemnitz, von welchem auch der Entwurf stammte. Maurer- und Zimmererarbeiten lieferte der Baumeister Löwe aus Wittgensdorf. Während des Bauens verstarb der Architekt und die Leitung übernahm dessen Geschäftsnachfolger Schreiber. Alle übrigen Arbeiten lieferten hiesige sowie auch einige Handwerker der Nachbarorte. Der ganze Bau kam auf 100.000 Mark zu stehen. Aus Staatsmitteln gingen als Beihilfe 10.000 Mark zur Schule und 900 Mark zum erforderlichen Straßenbau ein. Die neue Schule wurde mit zahlreichen Schenkungen ausgestattet, die ein gutes Zeugnis für die Opferwilligkeit hiesiger sowie auch einiger auswertiger Personen ausstellen.

Spendenliste für die neue Schule:

Fabrikant Geithner Turmglocke mit Läuteeinrichtung,

Schulvorstand und Gemeinderat Flaggenschmuck,

Gemeindevorstand Schüßler bunte Kunstglasfenster im Treppenhaus,

Tauraer Schulvorstand 1 Wanduhr und 1 Schreibtisch für daLehrerzimmer,

Dr. Hachenberger, Wittgensdorf 85,50 Mark zur freien Verfügung,

Elektrisches Werk Oberlungwitz Beleuchtung für Korridore (im Wert von 50 Mark),

Architekt Schreiber, Chemnitz Modell zum Portal,

Naturheilverein Köthensdorf 1 Badewanne,

Klempnermeister Scheer, Burgstädt 20 Mark,

Buchbindermeister Lindner, Burgstädt 6 Tintenbehälter und 10 Wechselrahmen,

Bonitz, Taura 5 naturgeschichtliche Tafeln,

Uhrmacher Patzina, Taura 6 Thermometer,

Tischlermeister Faulhaber, Taura Ruhebank im Baderaum,

Klempnermeister Vogler, Taura geometrische Körper,

Klempnermeister Schmalfuß, Taura 10 Mark,

Uhlig, Chemnitz 5 Mark und Säge des Sägefuchses,

Lehrerkollegium Köthensdorf 1 Bild,

Strobel, Taura Schildpatt einer Schildkröte,

Lehrer Stein, Zwickau 1 Bild,

Schützengesellschaft Köthensdorf 1 Bild,

Dachdeckermeister Häßler, Wittgensdorf 15 Mark,

Malermeister Richter, Köthensdorf Fürstenzug als Wandgemälde,

Ortsverein Köthensdorf 2 Ruhebänke,

Gastwirt Gumlich, Köthensdorf 1 Minimum-Maximum-Thermometer,

Fotograf Mäckel, Burgstädt 1 Bild der Schule,

Rudolph, Köthensdorf 1 Schirmständer ins Lehrerzimmer,

Müller, Köthensdorf naturgeschichtliche Anschauungsmittel,

Oberlehrer Lungwitz, Oberlungwitz 1 Tischdecke,

Irmscher, Köthensdorf 1 Flaggenstange,

Geithner, Köthensdorf 1 Wasserflasche mit Glas,

Schlossermeister Ackermann, Wittgensdorf 1 Kartenhalter,

Geschwister Vollrath, Köthensdorf Schreibzeug,

Frauenverein Köthensdorf Girlandenschmuck zur Schulweihe,

Geldsammlung unter Ortseinwohnern 200 Mark.

 

Der Klempnermeister Scheer aus Burgstädt führte die Dachklempnerarbeiten aus. Er errichtete auch auf dem Turm die Wetterfahne mit der Jahreszahl "1912". Am Mast der Wetterfahne befand sich eine hohle Blechkugel. Als Ende der 1960er Jahre ein Sturm den durchgerosteten Mast umbrach, fand man in der Kugel einige Erinnerungsstücke, so eine Zeitung aus diesen Tagen, Münzen und eine Liste mit den am Bau beteiligten Handwerkern, vor allem mit Angehörigen der Familie Scheer. Ein Sohn war zu dieser Zeit Lehrer in Köthensdorf. Er fiel im 1. Weltkrieg. Leider sind die wertvollen Zeugnisse der Vergangenheit bei den mehrfachen Wechseln in der Schulleitung nach 1976 verlorengegangen. Zum Schulfest 1972 waren sie noch ausgestellt.

Von Seiten der Gemeinde Köthensdorf-Reitzenhain lag die Leitung des Bauvorhabens in den Händen von Gemeindevorstand Emil Schüßler. Seiner Aktivität und seinem klugen Einsatz ist es zu verdanken, dass ein Schulgebäude entstand, das als Vorbild für eine Landschule der damaligen Zeit gelten konnte.

 

Die Schulhausweihe 1912

Am Montag, den 2. Dezember 1912, erfolgte die feierliche Weihe der neuen Schule. Die Festversammlung begab sich zunächst zum alten Schulhaus, um dort eine würdige Abschiedsfeier zu gegehen. Mit zu Herzen gehenden Worten hielt Lehrer Preußler die Abschiedsrede. Unter Glockengeläut und den Klängen des Burgstädter Stadtmusikchores bewegte sich der Zug der Teilnehmer dann zum neuen Schulgebäude. Nach dem feierlichen Gesange des Chorals "Lobe den Herren" hielt Bezirksschulinspektor Weidemüller die Weiherede und anschließend sprach Pfarrer Wermann das Weihegebet. Nun sang der Kinderchor "Auf der Andacht heiligem Flügel", dann begrüßte Gemeindevorstand Schüßler die erschienenen Gäste und alle übrigen Teilnehmer und verlas einige Notizen über die alten Schulhäuser. Auch die Spenderliste kam zur Verlesung. Anschließend sangen die Kinder "Preis und Anbetung sei unserem Gott". Jeder Festteilnehmer erhielt nun eine Postkarte mit Abbildungen dier vier Schulhäuser. Die Feier schloss mit dem allgemeinen Gesang "Wir haben dieses Haus gebaut".

Nachmittags um 2 Uhr fand im Gasthof die Festtafel und am Abend für alle Ortseinwohner Ausschank des Gemeindebieres statt. Fröhlicher Tanz hielt die Anwesenden bis nach Mitternacht zusammen.

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Was bot das neue Schulhaus?

Das große, massive, im Landhausstil geschaffene Schulhaus mit einem schönen Uhrturm und einem künstlerisch gestalteten Portal enthielt vier Klassenzimmer. Das schien für das damals bestehende Landschulsystem ausreichend zu sein.

Die Schüler der acht Jahrgänge wurden in vier Klassen mit jeweils zwei benachbarten Jahrgängen unterrichtet. Das war gegenüber der damals noch häufig vorkommenden ein- oder zweiklassigen Dorfschule schon ein Fortschritt. An die Notwendigkeit, auch den Dorfkindern den Besuch einer vollausgebauten Volksschule zu ermöglichen, dachten damals auch fortschrittlich gesinnte Schulmänner nicht.

Neben den vier Klassenzimmern gab es im Kellergeschoss noch den sogenannten Kochschulraum. Hier erhielten die Mädchen der Volks- und Fortbildungsschule Unterricht im Kochen. Der Begriff "Kochschulraum" war sehr zählebig. Er wurde noch lange gebraucht, auch nachdem es längst keinen Unterricht im Kochen mehr gab. Dieser Raum und einige danebenliegende Räumlichkeiten waren in einem ersten Entwurf als Hausmeisterwohnung vorgesehen. Endgültig wurde der genannte Kochschulraum geschaffen, und in die Nebenräume, durch eine gesonderte Haustür erreichbar, baute man ein Wannenbad und Duschen ein, die über viele Jahrzehnte als Gemeindebad dienten. Die Hausmeisterwohnung erhielt ihren Platz wie die geräumige Wohnung des Schulleiters im Mansardengeschoss. Im ersten Stock waren zwei Räume als Hilfslehrerwohnung vorgesehen. Später dienten diese Räume als Direktor- und Verwaltungszimmer. Seit der Nutzung dieser Etage als Kindergarten befindet sich hier der Waschraum und ein Schlafraum für die Kleinen.

Bemerkenswert war die Wasserversorgung. Eine von einem Brunnen im Oberdorf über mehrere hundert  Meter führende Rohrleitung füllte drei im Erdgeschoss der Schule untergebrachte Wasserbassins mit natürlichem Druck. So gab es im Erdgeschoss und im Keller Wasser aus dem Hahn. Für den ersten und zweiten Stock musste das Wasser mittels einer Handpumpe nach oben gebracht werden. So konnten die in den Fluren eingebauten, schön gekachelten Wasserentnahmestellen nicht genutzt werden.

Das Köthensdorfer Schulwesen nach 1914

Die friedliche Entwicklung unseres Dorfes mit seiner neuen Schule wurde durch den Ausbruch des 1. Weltkrieges 1914 jäh unterbrochen. Auch unsere Schule wurde in das Kriegsgeschehen hineingezogen. Die Lehrer Scheer und Schlegel wurden Opfer des Krieges. Die Schulkinder erlebten alles Elend und alle Not,   die dem deutschen Volk aufgebürdet wurden. Zahlreiche Kinder verloren ihren Vater. Einzelheiten über das Schulwesen in der Zeit des Krieges sind nicht bekannt. Lehrer Preußler verließ 1919 die hiesige Schule und ging nach Niederwiesa. Nachfolger wurde Lehrer Schnelle, der aber in der Blüte seiner Jahre 1922 verstarb. An seine Stelle trat als Schulleiter Felix Müller, der 1926 als "rot" verrufen nach Heiersdorf versetzt wurde.

Paul Müller, der ab 1919 in der Köthensdorfer Schule unterrichtete, wurde 1926 Schulleiter. Er war im Dorf bekannt als Spezialist für Obstbaumzucht. Er pflanzte auf dem Schulgelände zahlreiche Obstbäume und veredelte sie oft mit mehreren Sorten.

 

Aushilfslehrer oder später ständige Lehrer waren in der Weimarer Zeit:

Bendius, Röder, Krauße, Böhme, Seifert, Springer, Engelmann, Lune, Hildegard Greiner (sie wurde wegen Schwangerschaft entlassen), Gerda Kreßner, Ludwig,

1928-1945 Helmut Otto,

1930 Johannes Schulz,

1931-1934 Apitzsch,

1934-1935 Charlotte Glaß,

1934 Walter Grimm,

1935-1939 Fritz Gasch,

1936 Käthe Förster,

1939 Margarete Berthold,

1939 Steinbach.

Über das Schulwesen in der Zeit zwischen 1933 und 1945 ist in unserer Orts-Chronik leider nichts zu finden.

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Das Schulwesen nach dem 2. Weltkrieg

Ab Februar 1945 wurde vorerst kein Schulunterricht mehr gehalten. Das Schulgebäude diente bis zum   August 1945 als Notquartier für Ausgebomte und Umsiedler. Der Befehl der Sowjetischen   Militäradministration (SMAD), ab 1. September 1945 den Unterricht wieder aufzunehmen, setzte voraus, dass das Gebäude gründlich gereinigt und für den Unterricht hergerichtet wurde. Große Verdienste erwarben sich dabei Emil und Paula Holler, die als Hausmeisterehepaar in die Schule gezogen waren. An Inventar gab es noch die alten, schweren Schülerbänke mit festen Sitzen, Pulte und Wandtafeln aus dem Jahre 1912. Einige Schränke wurden Umsiedlern zur Verfügung gestellt. Sie waren leer geworden, da die Bücherei und der Lehrmittelbestand von allem befreit wurden, was zur Verbreitung des faschistischen Ungeistes gedient hatte. In die Schulräume sollte eine demokratische und antifaschistische Gesinnung einziehen.

Der Anfang war schwer. Es gab noch keine neuen Lehrbücher. Schreibpapier war äußerst knapp. Man behalf sich mit alten Beständen, die in den Haushalten der Kinder und Lehrer noch vorhanden waren. Am 2. Januar 1947 musste sich der Schulausschuss mit Kohlemangel in der Schule befassen und Unterrichtskürzungen zur Kenntnis nehmen. Im Lehrmittelzimmer fand man noch einige veraltete Gegenstände aus der Weimarer Zeit. Für den naturwissenschaftlichen Unterricht stand ein Schrank mit ausgestopften Tieren und einigen biologischen Präparaten zur Verfügung.

Die Lehrer, die der faschistischen Partei NSDAP angehört hatten, wurden nicht wieder zum Unterricht zugelassen. Meist junge Leute, die den Wunsch hatten, Kinder zu lehren und zu erziehen, wurden ohne pädagogische Ausbildung als Neulehrer eingestellt. Selbst noch lernend und sich auf eine 1. und 2. Lehrerprüfung vorbereitend begannen sie ihre praktische Arbeit mit den Kindern. Im Kampf gegen alle anfangs bestehenden Unzulänglichkeiten und gegen Vorurteile leisteten sie wahre Pionierarbeit. Nicht alle hielten durch und schieden wieder aus.

 

In dieser Zeit waren an der Köthensdorfer Schule tätig:

Gerhard Bargenda: Ein junger Umsiedler,

wird Schulleiter (01.10.1945 - 01.03.1949).

Bargenda war eine markante Persönlichkeit. Er unterstützte als Gemeindevertreter aktiv die antifaschistische, demokratische Umwälzung und gestaltete das neue gesellschaftliche und kulturelle Leben wesentlich mit. Er war der Begründer der Antifa-Jugend und leitete sie in die FDJ über. 1949 wurde er zum Leiter der Ernst-Schneller- Schule in Burgstädt berufen. Durch einen tragischen Verkehrsunfall verlor er sein junges Leben.

Ursula Schmerle: 1945 - 1948,

Versetzt nach Hermsdorf.

Otto Almeroth: 1946 - 1950,

Ausgeschieden.

Rudolf Miesel: 1946 - 1949,

Ausgeschieden.

Ruth Sparborth: 1946 - 1949,

Versetzt nach Lunzenau.

Helmut Schwenk: 1948,

Versetzt nach Burgstädt.

Otto Weber: 1948,

Versetzt nach Hartmannsdorf.

Lisa Ahnert: 1948 - 1949,

Ausgeschieden.

Arnolf Posern: 1948 - 1949,

Ausgeschieden.

Ilse Dorsch: 1949,

Versetzt nach Rochlitz.

Siegfried Storch: Schulleiter, 1949 - 1950,

Ausgeschieden.

Edeltraud Kestermann: 1949,

Versetzt nach Burgstädt.

Ella Lenski: 1949 - 1952,

Erste Russischlehrerin.

Karl-Heinz Walther: 1949 - 1952,

Versetzt.

Heinz Schmidt: Schulleiter 1949 - 1952,

Versetzt nach Taura.

Horst Rudolph: 1950 - 1977,

Ehrenamtlicher Pionierleiter,

Stellvertreter des Direktors, ausgeschieden.

Heinz Richter: 1950 - 1955,

Versetzt nach Auerswalde.

Anne-Marie Rother: 1945 - ?

Handarbeitslehrerin.

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Mit dem 1946 verkündeten Gesetz zur Demokratisierung der deutschen Schule erhielt die neue Schule ihre gesetzliche Grundlage. Mit ihr wurden die Ziele vieler fortschrittlicher Pädagogen der Vergangenheit verwirklicht.

Grundsätze waren:

- die Brechung des Bildungsprivilegs der besitzenden Klassen,

- der Aufbau der Einheitsschule von der Grundschule bis zur Universität,

- die völlige Trennung von Staat und Kirche.

Als Erziehungsziel formulierte man die Herausbildung selbständig denkender und verantwortungsbewusst handelnder Menschen.

Am 13.12.1948 wurde der Verband der Jungen Pioniere gegründet, und in der Köthensdorfer Schule bildete sich eine Pionierfreundschaft. Das blaue Halstuch prägte äußerlich das Bild der neuen Schülerschaft.

Nach und nach füllte sich der Bestand der Lehrbücher mit Werken der Klassiker des Marxismus-Leninismus und der Sowjetpädagogik. Sie wurden zu Leitfäden bei der Aus- und Weiterbildung der jungen Lehrer.

Als erste neue Lehrmittel erschienen Wandkarten für den Geografieunterricht mit den nach dem Zweiten Weltkrieg neu festgelegten Grenzen. In einer Schulausschusssitzung musste man sich mit der Beschaffung  von Bindfäden für die Kartenaufzüge befassen. Neue Lehrbücher wurden eingeführt. Die neue, schön mit Bildern ausgestaltete Fibel für die Schulanfänger erregte allgemeine Anerkennung.

1949 war der Aufbau der antifaschistisch-demokratischen Schule vollendet. Nun kam es darauf an, durch  neue Lehrpläne das Bildungsniveau zu heben. Nach und nach setzte sich das Fachlehrersystem durch. Mit einem Fernstudium konnten sich Lehrer zu Fachlehrern qualifizieren.

Als Erster nutzte das in Köthensdorf der Lehrer Kurt Pfau, der ein Mathematik- Fernstudium absolvierte. 1956 kam als erste Lehrkraft mit Hochschulbildung Brigitte Pahlig als Russischlehrerin an die Grundschule Köthensdorf. Die Lehrer, die eine solche Ausbildung nicht hatten, waren Unterstufenlehrer. Durch den Mehrstufenunterricht war das Köthensdorfer Lehrer- kollegium klein. Es gab nicht für alle Fächer Fachlehrer. Hier setzten sich die Unterstufenlehrer entsprechend ihren Fähigkeiten ein.

Werkunterricht und Schulgartenunterricht wurden eingeführt. Damit begann die polytechnische Bildung und Erziehung der Schüler. Der ehemalige Kochschulraum wurde als Werkraum eingerichtet. Der damalige VEB Holzbau (heute KöHoVer) stellte zwei Hobelbänke zur Verfügung. Bürgermeister Schumann verzichtete auf das hinter dem Schulgelände liegende und aus der Bodenreform stammende sogenannte Bürgermeisterland, so dass ein Schulgarten angelegt werden konnte. Der Anschluss der Schule an die Stadtgasleitung, der in einem Arbeitseinsatz der Lehrer und des Hausmeisters bewältigt wurde, und der Einbau einer elektrischen Wasserversorgung bis in alle Stockwerke der Schule schufen die Voraussetzung für den späteren Physik- und Chemieunterricht.

1958 begann der Unterrichtstag in der Produktion (UTP) für die Schüler der Klassen 7 und 8. Im damaligen  VEB Holzbau konnte eine Werkstatt eingerichtet werden. Der Lehrer Kurt Pfau bemühte sich hier, die   Schüler in die Metallverarbeitung einzuführen. Die meisten der hergestellten Gegenstände, z. B. kleine Gartenhacken und Fallen für Vorlegeschlösser nahmen die Schüler mit nach Hause. Die Einbeziehung der praktischen Arbeit der Schüler in den Produktionsablauf des Betriebes war nicht gegeben.

Von Anfang an stand die staatsbürgerliche Erziehung und die Verbindung mit dem Leben in der neuen Gesellschaft im Mittelpunkt der Erziehungsarbeit. Mit Stolz empfing das Schulkollektiv eine Antwort des Präsidenten der DDR, Wilhelm Pieck, auf die Glückwünsche zu seiner Wiederwahl im Jahre 1953, die nach einem Schulappell nach Berlin gesendet worden waren.

Eine früher nicht gekannte Form der Arbeit mit den Kindern wurde auch in Köthensdorf eingeführt. In enger Verbindung mit der Wirksamkeit der Pionierorganisation entstanden außerschulische Arbeitsgemeinschaften. Die Lehrerin Brigitte Pahlig leitete den Schulchor und die Singegruppe. Zu besonderen Anlässen wurden Laienspiele eingeübt, so zum Abschluss des Schuljahres 1954 ein Stück nach Mark Twains "Tom Sawyer"  oder 1958 ein Stück anlässlich des 10. Geburtstages der Pionierorganisation. Der Lehrer Horst Rudolph entwickelte über viele Jahre hinweg eine Tradition des Kleinfeldhandballs für Mädchen und Jungen.

Schulaufnahme- und Entlassungsfeiern wurden sorgfältig vorbereitet. Vom finanziellen Überschuss des Schulfestes 1952, einer Summe von fast 3.000 Mark, konnten Stühle angeschafft werden. Die Veranstaltungen fanden nun in der Turnhalle statt.

Zu Fastnacht gab es fröhliches Treiben in der Turnhalle. Unterhaltungsspiele und Wettbewerbe ließen keine Langeweile aufkommen. Eine Akkordeongruppe der Schüler sorgte für musikalische Unterhaltung.

Eine neue Tradition wurde mit dem Internationalen Kindertag am 1. Juni eines jeden Jahres eingeführt. Die Frauen des DFD, allen voran Johanna Schumann, sammelten bei den Bauern Zutaten für das Kuchenbacken und verhalfen neben den Lehrern den Kindern zu einigen fröhlichen Stunden. Besonders aufwendig wurde der Kindertag 1958 gefeiert. In einem Festzug stellten Schüler das Leben der Kinder aus aller Welt dar. Die Mütter hatten sich große Mühe gegeben, annähernd echte Trachten der verschiedenen Völker zu nähen. Auf dem Sportplatz gab es dann sportliche Wettkämpfe und bunte Spiele. Die Ausgabe von Kaffee und Kuchen durfte nicht fehlen.

Ab 1954 war es möglich, in den Ferien mehrtägige Wanderungen zu unternehmen. Den Klassen standen die wiedereröffneten Jugendherbergen zur Verfügung. Eine der ersten Schulfahrten war die nach Lengenfeld im Vogtland im Juli 1954.

Daheim gebliebene Schüler aller Klassen nahmen in großer Zahl an den örtlichen Ferienspielen teil. Sie wurden aus der Schule heraus in das Pionierheim (heute Arztpraxis Dr. Münch) verlegt. Die Köchin des Kindergartens, Frau Marie Kerber, gab sich redliche Mühe, den Kindern ein schmackhaftes Essen zu   bereiten, was in der Zeit der Lebensmittelknappheit eine große Hilfe für die Familien war.

Wichtigste Aufgabe der Schüler war auch damals, auf Grund neuer Lehrpläne, den Leistungsstand zu erhöhen. Maßstab waren die damals eingeführten Abschlussprüfungen nach dem Besuch der 8. Klasse. So wurde ein Vergleich mit anderen Schulen möglich. 1955 gehörte unsere Schule zu den Besten im Landkreis.

Eine Möglichkeit des weiteren Schulbesuches war der Übergang aus der 8. Klasse in eine Mittelschule mit einer 9. Und 10. Klasse. Köthensdorfer Kinder konnten damals die Mittelschule in Wittgensdorf besuchen.

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Lehrer bis 1960 waren außer den bereits genannten Heinz Richter und Horst Rudolph:

Gerhard Huhn: 1952 - 1960;

Schulleiter der Grundschule.

Kurt Pfau: 1955 - 1988;

Fachlehrer für Mathematik und Chemie.

Hans Bergmann: 1953 - 1956;

Fachlehrer für Deutsch und Geschichte;

Versetzt nach Karl-Marx-Stadt.

Fräulein Kretzen: 1952 - 1957;

Abiturientin; Lehrerin für Russisch;

Abgang zum Studium.

Gerhard Berger: 1957 - 1961;

Unterstufenlehrer, Werklehrer;

Ausgeschieden.

Brigitte Pahlig: 1957 - 1992;

Fachlehrerin für Russisch.

Friedrich Schmidt: 1957 - ;

Unterstufenlehrer.

 

Auf gut Deutsch gesagt ...

Wir müssen das Kind beim richtigen Namen nennen, sagte sich ein Journalist, fand ihn ohne langes Suchen im englischen Slang und brachte die Vokabel, die eigentlich Zicklein bedeutet, flugs in die deutschen Schlagzeilen: Kid. Das ist kürzer, kesser und knackiger als der langweilige und uns  Lesern längst überdrüssige deutsche Ausdruck für die lieben Kleinen. Mit ihren Worten gesprochen, ist die Vokabel richtig geil. Und genau um einen Buchstaben kürzer. Was werden wir womöglich schon morgen erleben? Die Sprachrevolution frisst die eigenen Kinder. Bald gibt es den Kidsgarten, die Kidslieder und den Kidswagen. Es wird wohl auch ein Kidsspiel sein, unsere Redewendungen und Sprichwörter mit einem neudeutschen Outfit zu versehen: von Kidsbeinen an - mit Kid und     Kegel - gebranntes Kid scheut das Feuer. Ein ganz neues Gefühl vermittelte uns Goethes Erlkönig: Erreicht den Hof mit Mühe und Not: In seinen Armen das Kid war tot. Doch nein, so weit sollte sich selbst das Kid im Manne von der Phantasie nicht treiben lassen. Wir wollen ja unser altgewohntes Wort Kind nicht gleich mit dem Bade ausschütten.

Dr. Schuster,Stein   

Der Aufbau der 10-klassigen polytechnischen Oberschule Garnsdorf / Köthensdorf

1959 wurde das neue Schulgesetz erlassen, das den Aufbau der 10-klassigen polytechnischen Oberschulen vorsah. Ein Schulsystem, wie es in Köthensdorf bestand, mit Mehrstufenklassen bis zur 8. Klasse, entsprach nicht mehr den Anforderungen der Zeit.

Nach Erlass des Gesetzes war die Frage um den Fortbestand der Köthensdorfer Schule akut geworden. Es gab die Möglichkeit, die Schüler der Klassen 5 bis 8 nach Taura zu schicken. Dann wäre die Köthensdorfer Schule eine sogenannte Teilschule von Taura geworden, in der die Kinder der Klassen 1 bis 4 weiter in zwei Mehrstufenklassen unterrichtet worden wären. Eine ähnliche Situation gab es in Garnsdorf. Dort hätten die Kinder ab Klasse 5 nach Auerswalde umgeschult werden müssen. Die Bildung der Teilschulen konnte aber nur eine Übergangslösung sein, denn die Anforderungen an den Unterricht in der Unterstufe stiegen ebenfalls. Es musste überlegt werden, inwieweit der Schulbesuch in Taura für Kinder aus dem Unterdorf zumutbar war. Diese Frage war ja schon in den vergangenen Jahrzehnten aufgetaucht, als Reitzenhain noch Ortsteil von Taura war, und die Köthensdorfer Schule die Kinder aus Reitzenhain aufnehmen musste.

Den Köthensdorfer Kindern hätte allenfalls der Linienbus nach Taura in beschränktem Umfang zur Verfügung gestanden. Noch komplizierter war die Lage in Garnsdorf, da geplant war, die Oberklassen in Auerswalde zu konzentrieren. Ohne Sonderbus hätten die Garnsdorfer diese Schule nicht erreichen können.

So wurde das Projekt der Schulkombinatsbildung Garnsdorf - Köthensdorf wieder aufgenommen, das 1956 schon einmal angedacht worden war. 1960 erhielt der Leiter der Köthensdorfer Schule, Herr Gerhard Huhn, von der Abteilung Volksbildung beim Rat des Kreises Karl-Marx-Stadt den Auftrag, eine Konzeption über die Durchführung eines gemeinsamen Schulbesuchs der Köthensdorfer und Garnsdorfer Kinder zu erarbeiten. Voraussetzung war die Nutzung beider Schulgebäude. Es sollte erst einmal mit der Zusammenlegung der Klassen 4 bis 8 begonnen werden. Sorgfältig musste darauf geachtet werden, dass eine Benachteiligung der Kinder beider Orte unterblieb. Der Unterricht in Sport, in den naturwissenschaftlichen Fächern und in Werken musste aus technischen Gründen in Köthensdorf gehalten werden. Zur gleichmäßigen Belastung der Kinder sollten sie an drei Tagen der Woche die Schule im Heimatort besuchen und an drei Tagen in den Nachbarort fahren.

Mit dem Leiter der Nebenstelle Hartmannsdorf des damaligen VEB Kraftverkehr Mittweida, Herrn Oesterreich und seinem Mitarbeiter Heinz Berger fand man verständnisvolle Partner bei den Verhandlungen bezüglich eines einzurichtenden Schülerverkehrs. Ein genauer und auf den Unterrichtsbeginn bzw. Unterrichtsschluss abgestimmten Fahrplan und die Haltestellen wurde vereinbart. Als problematisch erwies sich, dass es in den beiden engen Orten keine Wendeschleifen zum Umlenken der Busse gab. Aber auch hiefür wurden Lösungen gefunden.

Es galt, den Lehrereinsatz zu planen. Mit den Kräften beider Lehrerkollegien konnte das Fachlehrersystem vervollständigt werden. Die mögliche Einsparung einiger Lehrer wog die Unkosten für den Schulbus auf, so dass auch die Finanzgewaltigen beim Rat des Kreises keine Einwände hatten. Der damalige Kreisschulrat, Alfred Zill, und sein Stellvertreter, Walter Semmler, der sich besonders um die Kombinatsbildung bemühte, hielten den vorgelegten Plan für gut, und es erfolgte die Anweisung, ihn ab 1. September 1960 in die Praxis umzusetzen.

Nun galt es, die Eltern von der Notwendigkeit der Zusammenlegung zu überzeugen und ihre Unterstützung zu gewinnen. Am 30 Juni 1960 fanden dazu in beiden Orten Elternversammlungen statt, auf denen die vielen Fragen und Sorgen der Erziehungsberechtigten angesprochen und aus dem Wege geräumt werden konnten. Bis auf wenige Ausnahmen lag am Ende der Versammlungen das Einverständnis der Eltern vor, die Oberschule Garnsdorf - Köthensdorf zu bilden.

Die räumlichen Verhältnisse waren in Köthensdorf besser. Aus diesem Grund wurde die Verwaltung in Köthensdorf eingerichtet. Der Schulleiter von Köthensdorf, Gerhard Huhn, wurde zum Direktor der Oberschule ernannt, und der Garnsdorfer Schulleiter, Werner Sczesny, wurde stellvertretender Direktor. Im oblag außerdem die materielle Verwaltung des Garnsdorfer Schulgebäudes und die Verbindung zur Gemeinde Garnsdorf.

Die wichtigste Aufgabe der ersten Jahre war die Angleichung des Bildungs- und Erziehungsniveaus beider Schulen. Die Klassenleiter hatten die Aufgabe, ein einheitliches Klassenkollektiv zu schaffen. Nach 2 Jahren konnte festgestellt werden, dass sich der Zusammenschluss bewährt hatte. So ging man daran, auch die Klassen 1 bis 3 zusammenzulegen. Das erfolgte vom Schuljahr 1962/63 an.

Nun konnten auch diese Unterstufenklassen den Sportunterricht in der Turnhalle Köthensdorf erhalten. Noch fehlte eine 9. und 10. Klasse. Es gab noch keine Pflicht zum Besuch dieser Klassen. Für die Köthensdorfer gab es in Taura die Möglichkeit, diese Klassen zu besuchen, und die Garnsdorfer fanden Aufnahme in Auerswalde.

Da das Abschlusszeugnis der Klasse 10 immer mehr zur Voraussetzung für das Ergreifen eines gewünschten Berufes wurde, war die Zeit herangereift, auch die Oberschule Garnsdorf / Köthensdorf bis zur 10. Klasse auszubauen. Das begann am 1. September 1966 mit der Bildung einer 9. Klasse, die 1968 ihre Abschlussprüfung ablegte. Die Abschlussfeier der 10. Klasse am Ende eines jeden Schuljahres wurde von da an zur Tradition. Außerdem wurden nach jedem Schuljahr die besten Schüler aus der Klasse 8 in den Oberschulen Burgstädt oder Frankenberg aufgenommen.

Mehrere ehemalige Schüler kehrten als Lehrkräfte an ihre Heimatschule zurück. So die ehemaligen Garnsdorfer Schüler Günter Fritsche als Sport- und Werklehrer und Monika Emmrich (verh. Findeklee) als Sportlehrerin und Horterzieherin. Roland Müller besuchte bis 1955 die Köthensdorfer Schule, wurde in die Oberschule in Burgstädt aufgenommen und war nach Studium und Militärdienst bis 1974 Physik- und Mathematiklehrer. Nach seinem Weggang zur Abteilung Volksbildung beim Rat des Bezirkes trat Brigitte Liebers (verh. Faßmann) aus Garnsdorf an seine Stelle. Sie hatte 1969 die Abschlussprüfung der Klasse 10 abgelegt und nach einem Vorkurs in Leukersdorf an der TH in Karl-Marx-Stadt Physik und Mathematik studiert. Vorher war noch Marion Bohne (verh. Göthel) einige Jahre als Unterstufenlehrerin an der Oberschule Garnsdorf/Köthensdorf tätig. 1980 trat Ute Lettau (verh. Nagler) aus Köthensdorf als Pionierleiterin ins Lehrerkollegium ein. Ab 1983 war sie stellvertretende Direktorin für außerschulische Erziehung. Evelin Bock (verh. Stark) aus Garnsdorf, kam ab 1984 als ausgebildete Deutsch- und Russischlehrerin zurück an unsere Schule.

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1974 wurde der Oberschule der Name "KuBa-Oberschule Garnsdorf / Köthensdorf verliehen. Der Dichter KuBa war bis 1928 Schüler der Garnsdorfer Schule gewesen.

Nicht nur die neu gebildeten Klassenkollektive mussten sich festigen, sondern auch das Lehrerkollektiv stand vor der Aufgabe, einen gemeinsamen Arbeitsstil zu finden. Das gelang bald, da der Schule über viele Jahre hinweg eine verhältnismäßig stabile Lehrerschaft zu Verfügung stand, die sich um eine gute Unterrichtsarbeit bemühte.

Da die einzügige Schule nicht für alle Fächer Fachlehrer haben konnte, übernahmen Vertreter anderer Fächer diese Stunden. Die erhöhten Lehrplananforderungen machten es aber notwendig, Fachlehrer aus anderen Schulen als Wanderlehrer einzusetzen.

Nach Bildung des Schulkombinates gab es die Möglichkeit, den Unterrichtstag in der Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft (LPG) in Garnsdorf durchzuführen. Als Betreuer stellte sich der Genossenschaftsbauer Schattenberg zur Verfügung. In der alten Mühle in Garnsdorf wurde ein Unterrichtsraum geschaffen. Die Schüler arbeiteten auf dem Feld, in den Ställen und in der Reparaturwerkstatt der LPG.

Nachdem der damalige VEB Trikotex in Wittgensdorf ein in jeder Hinsicht vorbildliches Polytechnisches Zentrum (Polyzent) geschaffen hatte, das von der Wittgensdorfer Schule nicht ausgelastet werden konnte, wurden die Schüler der Klassen 7 bis 10 unserer Schule dort aufgenommen. Sie wurden jetzt von Fachkräften für den ESP-Unterricht (Einführung in die sozialistische Produktion), für Technisches Zeichnen und für die praktische Arbeit unterrichtet. Voraussetzung hierfür war allerdings die Erweiterung des Schulbusverkehrs nun auch in Richtung Wittgensdorf.

Noch vor der Bildung des Schulkombinates wurde 1959 in Köthensdorf eine Hortgruppe gebildet. Frau Keller aus Göritzhain wurde als Hortleiterin eingesetzt. Hilfskraft war Irmgard Huhn, die 1960 die Leitung übernahm und diese bis 1978 inne hatte. Nachfolgerin bis 1983 wurde Anny Schuster. Immer mehr Mütter nahmen in diesen Jahren eine Berufstätigkeit auf, so dass die Zahl der Kinder im Hort schnell anwuchs. Ein Frühdienst ab 6:00 Uhr musste eingerichtet werden. Die Räumlichkeiten für den Hort reichten im Schulhaus bald nicht mehr aus. So wurde im Zusammenhang mit dem Bau des Feuerwehrgerätehauses und der Schulküche mit Speisesaal auch ein Hortzimmer geschaffen, das ab 1968 morgens und nachmittags zur Verfügung stand.

Durch die Forderung nach Fachunterrichtsräumen Anfang der 1970er Jahre wurde eine Umstrukturierung an der Oberschule Garnsdorf / Köthensdorf erforderlich. Die Unterstufe wurde nunmehr ausschließlich in Garnsdorf konzentriert und die Schüler der Klassen 5 bis 10 in Köthensdorf. Der Lehrmittelbestand besonders in den naturwissenschaftlichen Fächern war bedeutend angewachsen. Das alte Lehrmittelzimmer reichte längst nicht mehr aus. Die Lehrmittel mussten jederzeit für den Fachlehrer griffbereit sein. Der Anfang mit einem Fachunterrichtsraum wurde bereits 1962 gemacht. Nachdem der Werkunterricht in die ehemalige Lehrwerkstatt des damaligen VEB Holzbau verlegt worden war, stand das Zimmer 1 für den Einbau eines Physikzimmers zur Verfügung. Für die Durchführung von Schülerexperimenten war die Anlage eines Energieblockes nötig. Da nicht alle Schulen sofort mit diesen modernen Schulmöbeln ausgestattet werden konnten, baute Tischlermeister Arno Peters unter Mitwirkung von Werklehrer Günter Fritsche einen Energieblock ein. Die erforderliche Gas- und Wasserzuleitung besorgte Klempnermeister Donner aus Markersdorf. In das Kellergeschoss zog der Biologielehrer ein. Bald kam das Sprachkabinett hinzu, und die Lehrmittel für Geografie und Geschichte wurden in Zimmer 8 untergebracht. Die pädagogisch richtige Nutzung dieser Einrichtungen war nur möglich, wenn die Oberklassen ständig in der Köthensdorfer Schule Unterricht hatten. So kam es zur Trennung von Unter- und Oberstufe.

Auf Grund von erheblichen Mängeln und Unzulänglichkeiten konnte die Garnsdorfer Schule, die mittlerweile über 100 Jahre bestand, nicht mehr länger aufrechterhalten werden. 1974 wurde somit ein Anbau an die Köthensdorfer Schule projektiert. Er sollte vier Klassenzimmer, einen Werkraum und neue Sanitäranlagen haben.

1975 begannen die Bauarbeiten durch eine Lehrlingsbrigade des Betriebes Bau-Nord. Durch die herabgeminderte Norm und durch Bauunterbrechungen wegen Materialmangels zog sich das Baugeschehen bis 1977 hin. Am 1. September 1977 konnten die neuen Schulräume dem Schulkollektiv übergeben werden.

Die Verbesserung der Unterrichtsarbeit und damit der Lernergebnisse stand all die Jahre im Vordergrund der Bemühungen der Lehrer. Natürlich gab es Erfolge und Misserfolge. Es galt aber, im Lehrerkollektiv eine Atmosphäre der Freude an der Arbeit zu schaffen, gegenseitige Unterstützung zu organisieren und Pessimismus und Resignation vor Schwierigkeiten nicht aufkommen zu lassen.

Schrittweise wurde das neue Lehrplanwerk durchgesetzt. Die Lehrer besuchten Fachlehrerkonferenzen, nahmen an den Lehrgängen im Kurssystem teil und diskutierten ihre Erfahrungen im Pädagogischen Rat. Die politische Linie der damaligen Staatsmacht rückte immer mehr in den Vordergrund. Man bemühte sich, die gewählten Räte und Leitungen der kommunistischen Jugendorganisationen in die Erziehungsarbeit einzubeziehen und positive öffentliche Meinungen gegenüber dem Staat in den Schülerkollektiven hervorzurufen. Dies galt auch für die außerschulische Arbeit in den verschiedensten Arbeitsgemeinschaften, zum Beispiel der Russisch-Kulturgruppe, der AG Kaninchenzüchter, der Jungen Sanitäter, der Jungen Brandschutzhelfer und diverser Sportgruppen.

Wie schon in den fünfziger Jahren spielte die Feriengestaltung in der außerschulischen Arbeit eine wichtige Rolle. Hatten in diesen ersten Jahren die Schüler aller Klassen an den Ferienspielen teilgenommen, so blieben sie später den Kindern der Unterstufe vorbehalten. Für die älteren Schüler wurden verstärkt Schulfahrten in Jugendherbergen, Schulen im Erzgebirge oder in zentrale Pionierlager organisiert. Große Erfolge hatten auch die Schwimmlager, die viele Jahre unter Leitung des Sportlehrers Günter Fritsche in den Freibädern Garnsdorf, Wittgensdorf und Burgstädt durchgeführt wurden.

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Das Ende der 10-klassigen polytechnischen Oberschule

Wegen zu geringer Schülerzahlen wurde am Ende des Schuljahres 1991/92 die Mittelschule aufgelöst. Alle Bemühungen, die Einrichtung - auch in anderer Form - zu erhalten, waren gescheitert. Fräulein Pahlig und Herr Fritsche gingen in den Vorruhestand. Herr Herrmann (als Direktor), Frau Ludwig, Frau Stark nach Auerswalde/Ottendorf, Frau Faßmann ans Gymnasium Burgstädt, Herr Dehnert zur Volkshochschule, Frau Röser und Frau Rudelt nach Taura und Frau Kuhn als Schulleiterin nach Mohsdorf. In Köthensdorf wurden nur noch 64 Schüler der Klassen 1 bis 4 aus Garnsdorf und Köthensdorf in einer Grundschule unterrichtet. Die größeren Schüler mussten nach Claußnitz und Taura.

Schulleiterin wurde Frau Heike Tewes, die Tochter des langjährigen Sport- und Werklehrers Günter Fritsche aus Garnsdorf. Als weitere Klassenlehrer waren Frau Petra Weisser, Frau Sylke Hempel (Aich) und Frau Monika Findeklee eingesetzt.

Am 10. August 1994 erfolgte die Zusammenlegung der Grundschulen Köthensdorf und der Schule Taura, da deren Räume für den Ausbau der Mittelschule gebraucht wurden und die Schülerzahlen weiter zurückgehen. Die Garnsdorfer Schulanfänger wurden auf Grund der Eingemeindung ab dem Schuljahr 1994/95 in Auerswalde eingeschult. Die Firma Heilmann aus Mohsdorf übernahm den Schülertransport von Garnsdorf und Taura nach Köthensdorf.

Leiterin der Grundschule bleibt Frau Tewes. Zu den seit 1991 unterrichtenden Lehrerinnen kommen bis zum Jahr 2002 Frau Gebhardt, Frau Heilmann, Frau Schott, Frau Kertzsch, Frau Meier und Frau Tittel hinzu.

In den Sommerferien 2002 ließ die Gemeinde das gesamte Schulgebäude restaurieren, so dass es anlässlich seines 90. Geburtstages im alten Glanz neu erstrahlte. Zu Recht kann das 1912 im Landhausstil errichtete Gebäude als ein "kulturelles Kleinod" des Landkreises Mittweida bezeichnet werden.

Am 23. August 2002 erhielt die Grundschule Köthensdorf anlässlich ihres 90-jährigen Bestehens den Ehrennamen Johann-Esche-Grundschule verliehen.

(Schluss)

 

 


8. Aus der Chemnitzer Chronik 

Aus der Chemnitzer Chronik 141O - 1415

1410 wurde am 31. Juli zu Naumburg der Streit wegen Teilung des Markgrafentums Meißen beigelegt. Friedrich von Thüringen der Jüngere, auch der Einfältige genannt, erhielt die Städte Dresden, Hayn, Ortrand, Pirna, Königstein, Zwickau und die Hälfte des Einkommens der Bergwerke. Chemnitz kam mit vielen Städten an Friedrich den Streitbaren und Wilhelm II.

Im August dieses Jahres riß vor dem Klostertor der Sturmwind vier Häuser um.

1411 kam bei einer nachmaligen Separat-Landestheilung Chemnitz an Friedrich.

1412 verlieh Friedrich der Stadt Chemnitz einen freien Markt, den sogenannten kalten Jahrmarkt.

Auch confirmirte der Bischof Rudolph zu Meißen den Altar des Leichnams Christi. in der St.Jacobskirche 

Auch entstand in diesem Jahre eine große Teuerung, welche 8 Jahre währte; viele Menschen lebten von gemahlenen Eicheln und Tausende starben vor Hunger; zum Überfluß kam noch ein sehr strenger Winter hinzu.

1415 fiel wiederum eine Teilung der Länder auf 12 Jahre zwischen dem Streitbaren und Wilhelm II. vor;

Auch erzählt ein Chronikschreiber: es wären in diesem Jahre die Mauertürme von Nicolai- nach dem Klostertore hin erbaut worden und stützt diese Behauptung auf eine Legende aus diesem Jahre, nach welcher eine Jungfrau aus vornehmen Geschlecht, mit Namen Hofmannin, zur Milderung ihrer Strafe wegen unnatürlichen Umgangs mit einem großen Hunde, und um nicht lebendig verbrannt zu werden, die fünf Türme zwischen der Klosterpforte und dem Nicolaitor habe erbauen lassen. Zum Andenken sei noch der steinerne Kopf an der Klosterpforte. Auch behaupten Einige, es sei dieser Kopf das sogenannte Wahrzeichen von Chemnitz gewesen. Vor dem siebzehnten Jahrhundert hatte jede Stadt ein sogenanntes Wahrzeichen, welches die reisenden Handwerker kennen mußten, um bei ihren Zunftgenossen ihren Aufenthalt an einem solchen Orte beweisen zu können.

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Aus der Chemnitzer Chronik 1428-1433

1428: Kurfürst Friedrich starb im Januar 1428. Der älteste Sohn, Friedrich der Sanftmütige, wurde nun Kurfürst. Die übrigen Länder seines verstorbenen Vaters regierte er mit seinen drei Brüdern Wilhelm, Sigismund und Heinrich gemeinschaftlich.

1429: Die grausenhaften Folgen der Teilnahme an den Streitigkeiten der Hussiten trafen in ihrer ganzen Schwere das Meißner Land. Die schändlichsten Greueltaten wurden von denselben verübt, keine Stadt, kein Dorf blieb verschont. Auch Chemnitz sah diese wilden Banden in seiner Nähe Vergeltungsrecht üben für das Unheil, welches ihnen Friedrichs des Streitbaren Völker zugefügt hatten. Doch Chemnitz war damals eine zu starke Festung und die Hussiten mussten abziehen, ohne die Stadt erobert zu haben, doch verbrannten sie die Vorstädte und verwüsteten und plünderten ringsum alles. Auch wurden in diesem Jahre von der Stadt die dem Bergkloster zu leistenden Frondienste abgelöst.

1430:Auch 1430 erschienen die Hussiten auf ihren schrecklichen Raubzügen im Meißner Lande und unweit von Chemnitz. Über 100 Städte und 1.400 Dörfer wurden verwüstet und auf 3.000 Wagen die Beute heimgeschleppt.

1431:Auf dem Reichstage zu Nürnberg wurde im April ein gemeinsamer Krieg gegen die so furchtbar hausenden Hussiten beschlossen. Kurfürst Friedrich bekam den Oberbefehl und rückte mit dem 100.000 Mann starken Kreuz- und Reichsheer verheerend in Böhmen ein. Das Heer zerstreute sich aber zum Teil schon bei der Nachricht, dass Procopius mit seinen Taboriten (Hussiten vom Berge Tabor) anrückte und wurde in der Schlacht beim Schlosse Riesenberg am 14. August total geschlagen. 11.000 fielen, das ganze Gepäck ging verloren und die Hussiten machten ungeheure Beute. Chemnitz wird wahrscheinlich auch hierbei viele Männer verloren haben. Die Hussiten überzogen abermals unser Vaterland und drangen bis Taucha (bei Leipzig) vor. Dort kam es zur Schlacht, in welcher die Bayern, Thüringer, Osterländer und Meißner geschlagen wurden. Leipzig zitterte, doch Procopius brach plötzlich mit seinen Scharen nach Böhmen auf.

1433:Unser Vaterland hatte endlich Ruhe vor den Hussiten, doch Teuerung und Viehseuche traten an deren Stelle, welchen fast stets pestartige Krankheiten auf den Fersen folgten.

 

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Aus der Chemnitzer Chronik 1553 - 1571

1553: Kurfürst August übernahm nun die Regierung nach dem Tode seines Bruders Moritz und wurde am 20. September zu Chemnitz durch Ernst von Maltitz und Dr. Kummerstädt gehuldigt. Die Schatzkammern mögen bei Uebernahme der Regierung sehr leer gewesen sein, denn allenthalben mussten Gelder in kleinen Posten aufgenommen werden, die Stadt Chemnitz borgt 5000 Gulden her.

1560: Am 1. Juli 1560 war eine große Wasserfluth, das Wasser riss die Stadtmauer am Niclasthore ein und stand drei Ellen hoch vom Klosterthor bis zur Pforte, beim Thorwächter des Klosterthores ging dasselbe bis an’s Stubenfenster.

1562: Am 26. Januar wurde der hiesige Marktmeister enthauptet, weil er zwei angetraute Weiber hatte.

1568: Die Pest grassiert dieses Jahr auch wieder hier, denn die Zahl ihrer Opfer betrug 900. In den letzten Tagen des Decembers wurde ein gewisser Römer verbrannt, weil er den Pestkranken siedendes Wasser in den Hals gegossen hatte.

1569: Im Erzgebirge, so auch um Chemnitz verursachte eine Mordbrennerbande Furcht und Schrecken, deren Anführer waren ein gewisser Sachse und Jacob von Leipzig.

1571: Dieses Jahr begann mit einem sehr harten und langen Winter, denn es schneite im Januar und Februar 40 Tage ununterbrochen, so dass aller Verkehr aufhörte; hierdurch nun wurden auch alle Nahrungsmittel ungemein theuer, denn der Scheffel Korn kostete 4 Thaler, Gerste 3 Thaler. Um dem hierdurch eingetretenen Elend zu begegnen, erließ der Kurfürst ein strenges Verbot gegen den Wucher und die Ausfuhr von Getreide in fremde Länder.

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Abschnitt II: (weiter in Arbeit)

1.Begegnungen mit Zigeunern

Aufsatz des Köthensdorfer Heimatforschers Emil Müller aus dem Jahre 1958

Seit mehr als 25 Jahren habe ich keine Zigeuner mehr gesehen. Sie gehörten zu den anderen längst verschwundenen Gestalten der Landstraße, zu den Schweine-, Gänse- und Schaftreibern, den Blechzeug-, Rußbutten- und Wacholdersaft-männern, zu den böhmischen Federhändlern. Man hat ja noch keine rechte Antwort auf die Frage gefunden, welches Land die Heimat der Zigeuner eigentlich ist. Sie selber geben Ägypten als ihr Vaterland an, doch ihre Sprache verweist mehr nach Indien. Urahnen des braunen Volkes sind schon zur Zeit der Kreuzzüge in Europa eingewandert. Im 15. und 16. Jahrhundert verbreiteten sie sich über ganz Europa, wurden jedoch nur in wenigen Ländern (Ungarn und Spanien) wohlwollend behandelt, in allen anderen verfolgt. Nach der Vertreibung der Mauren aus Spanien trafen auch dort das eingewanderte Zigeunervolk die grässlichsten Verfolgungen. Zigeuner galten als Zauberer, Diebe und Betrüger. Das Mittelalter mit seinen Wahnvorstellungen hat viel dazu beigetragen, die Zigeuner mit einem geheimnisvollen Nimbus zu umgeben, vor allem das weibliche Geschlecht zu Zauberinnen und Wahrsagerinnen gemacht. Auch Kindesraub wurde den Zigeunern nachgesagt. Dieser Gedanke spielt in Librettos von Opern und Operetten öfter eine Rolle. Merkwürdig erscheint der Umstand, dass die Zigeuner keiner Religionsgemeinschaft angehören.

Ich hatte in meiner Jugend öfters Begegnungen mit den braunen Leuten und habe sie auf verschiedene Art kennen gelernt. Vieles macht die Fremdlinge interessant. Mein erstes Zusammentreffen ereignete sich an der alten Burgstädt - Lunzenauer Straße, da wo heute der Weg in die Mohsdorfer Straße einmündet. Der Platz war dereinst Wiese, auf welcher eine hohe Pappel stand. Als ich damals hin kam, standen schon viele Neugierige dort. Bald gewahrte ich, dass die Fremdlinge ein krankes Weib in ihrer Mitte in aufopfernder Weise betreuten. Doch der Tod hatte schon seine Krallen nach der Ärmsten ausgestreckt. In der kommenden Nacht verschied die Zigeunerin. Nach einigen Tagen traf man Anstalten zur Beerdigung auf dem alten Burgstädter Friedhof. Am Tage der Bestattung fand sich eine beachtliche Zahl von hiesigen Einwohnern als Trauergefolge am Zigeunerlager ein. Die Majestät des Todes ließ alle Schranken fallen, und der Trauerzug einer geachteten Persönlichkeit konnte nicht ansehnlicher sein. Die Ruhestätte der Verstorbenen kennzeichnete später ein einfaches Kreuz mit der Inschrift: "Hier ruhet Elie Brandin, Pampalon sein Weib". Alljährlich kamen die Zigeuner wieder und versäumten nicht, das Grab ihrer Stammesgenossin zu schmücken.

Um die Mitte der 80er Jahre (des 19. Jahrhunderts) war ich zugegen, als im Garten des Gasthauses "Drei Lilien" in Mohsdorf Zigeuner lagerten. Wilhelm Maas, der Wirt, der auch einen Kramladen unterhielt, gedachte wohl auch, durch sein Entgegenkommen ein kleines Geschäft zu machen. Die Dorfjugend umstand den fremden Besuch und erging sich in Betrachtungen. Da fiel es einem Rohling ein, mit Steinen in das Lager zu werfen. Ein solches Wurfgeschoss landete in einem Wagen, in dem eine Zigeunerin hockte. Das Weib sprang auf und setzte Verwünschungen ausstoßend, hinter dem Missetäter her und schrie: "Dich soll doch gleich der polnische Teufel holen!" Der Zufall wollte, dass der Knabe kurz nach diesem Vorgang erkrankte und starb. Seinen Tod brachten natürlich die abergläubigen Dorfbewohner mit den Verwünschungen des Zigeunerweibes in Verbindung.

Gegen die Unbilden der Witterung waren die Zigeuner ziemlich abgehärtet und unempfindlich. Doch wenn es der Winter gar zu arg trieb, suchten sie bettelnd bei den Bauern Nachtquartier zu erlangen. So erschienen an einem sehr strengen Winterabend in meinem Heimatort Mohsdorf einige Familien des braunen Volkes in dem mittleren der drei Gräfschen Güter und flehten um Unterkunft für die Nacht. Die Bauersleute hatten ein Herz und gaben den Fremden eine leere Kammer. Sie wurden auch mit warmer, stärkender Suppe bewirtet, und zum Lager reichte der Bauer reichlich Stroh. Der Dank der Gäste erfolgte auf eigenartige Weise: Ein Zigeunerweib trat vor und sprach zu den gastfreundlichen Bauersleuten: "Dieses Haus wird niemals vom Feuer ergriffen werden!" Alte Einwohner Mohsdorfs sind der festen Überzeugung, dass die Prophezeiung des Weibes eingetroffen sei, blieb doch das Wohnhaus beim Brande der Scheune und der Nebengebäude unversehrt. Aber das war schließlich das Verdienst der Feuerwehr und hilfsbereiter Nachbarn und nicht irgendwelcher geheimnisvoller Mächte.

Der Aberglaube erzählt auch, dass die Zigeuner Meister im Feuerbesprechen seien. Sie stellten den sogenannten Feuerreiter, der das brennende Haus auf einem alten Klepper umreitet und dem Feuer damit die Gewalt nehmen sollte. Diese törichte Ansicht wurde von den Zigeunern natürlich weidlich zu ihrem Vorteil ausgenützt.

Anfang der 1890er Jahre erlebte ich ein nächtliches Zusammentreffen mit Zigeunern in Berthelsdorf. Mit meinem um zehn Jahre älteren Bruder zog ich nach einem Besuch des Lunzenauer Jahrmarktes heimwärts in Richtung Mohsdorf. Mitternacht nahte schon. Doch im Gasthaus "Waldschlösschen" brannte noch die Petroleumlampe. Wir betraten das einsam gelegene Wirtshaus und wollten uns dort etwas ausruhen. Die Wirtin war allein und ließ es sich anmerken, dass Gäste um diese Zeit nicht erwünscht waren. Wir saßen noch gar nicht lange, als von der Straße Pferdegetrappel und Wagenknarren hörbar wurden. Entsetzt eilte die Wirtin nach der Haustür, um schreckensbleich zurückzukommen mit den Worten: "Eine große Zigeunerbande hält vor dem Haus und will herein". Gleich darauf pochten die ungebetenen Gäste mit Ungestüm an die verschlossene Tür. Wir rieten zum Öffnen. Mit Widerstreben schloss die Wirtin auf, und herein drängte ein baumlanger Kerl mit einer Frau, wohl der Anführer, und hinter ihm das übrige braune Volk. Männer und Frauen waren in Lumpen gehüllt. Eine Ausnahme machte nur der Anführer mit seiner Zigeunerschönheit. Das Paar nahm an unserem Tisch Platz, und es dauerte gar nicht lange, so waren wir mit den Fremden in angeregter Unterhaltung. Der Zigeunerprimas fand sich in der Geografie Sachsens entschieden besser zurecht als wir. Kein Wunder, denn wer so die Landstraßen bewohnt kennt auch das Land und die Bewohner. In der Hand hielt der junge Mann eine ganz neue, riesige Pferdepeitsche. Auch der ganze Anzug ließ den Pferdehändler vermuten. Die junge Frau aber hielt es unter ihrer Würde, mit uns zu sprechen. Sie imponierte indes durch ihre Schönheit. In der Tat, das Weib hatte etwas Frappierendes, um nicht zu sagen Dämonisches an sich. Hervorgebracht wurde dieser Eindruck vor allem durch das reiche, schwarze Haar, die dunklen, glänzenden Augen und den Bronzeton der Haut. Kaffee wurde aufgetragen. Alle drängten sich heran, um sich zu laben und den durchfrorenen Körper zu wärmen. Gar zu gern wären die späten Gäste die Nacht über geblieben, doch davon wollte die Wirtin nichts wissen. Die Zigeuner, an derartige Behandlung gewöhnt, murrten nicht und begaben sich zu ihren Wagen. Mein Bruder und ich warteten auf Verlangen der Wirtin noch eine Weile. Dann gingen auch wir. Die Straße war leer, doch im nahen Gückelsbergwald verriet ein loderndes Feuer den Lagerplatz des fahrenden Volkes.

Meine letzte Begegnung mit Zigeunern erlebte ich 1930 im September an der Bahnstrecke zwischen Burgstädt und Cossen, wo zwei Zigeunerinnen am Feuer hockten und Kaffee kochten. Das Brennmaterial entnahmen die beiden dem Schutzzaun an der Eisenbahn, nicht dem nahen Wald. Ich erfuhr vom Bahnwärter, dass die Frauen öfter hier weilten, auch Wasser und Milch im Bahnwärterhaus erbettelten und auf ihre Männer warteten, die in der nahen Stadt als Scherenschleifer ihr Gewerbe trieben.

Es ist bekannt, und diese Beobachtung machte ich auch, dass sich das rätselhafte Volk der Zigeuner zu Rast und längerem Verweilen gern Örtlichkeiten wählt, die schon von alters her als Lagerplätze bekannt sind. So konnte sich die "Wasserschenke" in Röhrsdorf des öfteren derartigen Besuches erfreuen. Dort hielten die Wandernden oft ihre Festlichkeiten, Hochzeiten und Kindtaufen ab. Zwischen Draisdorf und Glösa liegt ganz versteckt und ganz dicht an der Chemnitztalstraße ein aufgelassenes Kalkwerk. Dort blieben die Zigeuner ganz ungestört tagelang, besserten und wuschen ihre Wäsche und zogen erst von dannen, wenn die Frauen mit ihren Arbeiten fertig waren. In Köthensdorf gaben die Ruinen des abgebrannten Schenkgutes einen guten Unterschlupf. "Besser situierte" Banden führten Zelte mit. So lagerte am 15. September 1892 eine starke Zigeunerbande mit 19 Wagen und 70 Köpfen auf dem Schützenplatz in Limbach. Auch durch Mohsdorf zogen in den 1880er Jahren manchmal sehr starke Gruppen. Ihr Lagerplatz war der Gasthofgarten. Beliebt war auch die Gegend an der Steinbank an der Limbach - Rabensteiner Straße. Es trug der Stelle den Namen Zigeunerecke ein.

Eine gute Einnahmequelle der Zigeunerinnen bestand im Kartenlegen und in der Weissagung aus den Linien der Hand. Jeder aufgeklärte Mensch weiß heute, dass es so etwas nicht geben kann. Vor einem halben Jahrhundert (um 1900 herum) war die Sucht, einen Blick in die Zukunft zu tun, noch groß. Besonders die Frauen waren es, die immer wieder auf solche Prophezeiungen hereinfielen. Vielleicht glaubten es die Zigeunerinnen selbst. Wer kann es wissen?

Und wenn die Zigeuner hier und da einmal mein und dein verwechselten, so geschah es nicht, um Reichtümer zu sammeln, sondern um sich das nackte Leben zu erhalten. Die Ursachen für solche Vorkommnisse sind in der damaligen Gesellschaftsordnung zu suchen. Die herrschenden Kreise hatten kein Interesse, dieses Minderheitenproblem zu lösen. Auch lag es gar nicht in ihrer politischen Konzeption. Seit einem Vierteljahrhundert sind die Zigeuner von unseren Landstraßen verschwunden, und ihr Fehlen wird vom Standpunkt der Romantik der Landstraße her als Verlust empfunden.

                                                                                                        gekürzt, nach Emil Müller (1958)

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2.Prinzenraub durch Kunz von Kaufungen

In den frühesten Morgenstunden des 8. Juli 1455 entführte Kunz von Kaufungen die beiden Söhne des damaligen sächsischen Kurfürsten Friedrich II., dem die alte Geschichte den Zunamen der Sanftmütige beilegte.

Wie kam es dazu ?

Friedrich und Wilhelm, die Söhne Friedrichs I., des Streitbaren, waren bei der Teilung des väterlichen Erbes in Streit geraten, und es entbrannte zwischen den beiden männlichen Nachkommen von 1446-1451 der sogenannte sächsische Bruderkrieg, ein Fürstenzwist, der unserem Sachsenlande unheimlichen Schaden zufügte. Die meisten wüsten Marken unserer Heimat - auch unser Dörfchen Reitzenhain und die Kühnhaide - sind auf ihn zurückzuführen, nicht auf den Einfall der Hussiten in Sachsen, wie oft behauptet wird. Jeder der beiden Brüder suchte nach damaliger Sitte den anderen durch Schädigung seines Besitzes, also auch durch Zerstörung und Brandschatzung von Städten und Dörfern, durch Plünderung der Untertanen des Gegners, zum Nachgeben zu zwingen. Von seinem Schlosse Eisenstein in Böhmen aus knüpfte Kunz Verbindungen an mit seinen früheren Kampfgefährten und auch mit einigen ehemaligen Gegnern. Mit ihnen ersann er den tollkühnen Plan, sich nicht an Land und Leuten des Kurfürsten, sondern an dessen "eigenem Leib und Blut" zu rächen. Kunz, nach Sachsen zurückgekehrt, verbarg sich bei der befreundeten Familie von Meckau im Schlosse Kohren und wartete dort auf günstige Nachricht von dem ihm ergebenen "Küchenjungen" Hans Schwalbe, der im Schlosse Altenburg tätig war. Dieser benachrichtigte seinen Auftraggeber schriftlich von der Abreise des Landesfürsten nach Leipzig und von der schwachen Besatzung des Schlosses. In der Nacht vom 7. zum 8. Juli erstieg Kunz auf Strickleitern mit seinen Helfern Wilhelm von Mosen, Wilhelm von Schönfeld, seinem Knappen von Schweinitz und mehreren Knechten das Schloss und holte die Prinzen Ernst und Albrecht aus den Betten. Auf verschiedenen Wegen eilten die kühnen Räuber der böhmischen Grenze zu. Kunz von Kaufungen ritt mit Albrecht durch die Leine, dann über Wolkenburg, Kaufungen, durch die Rabensteiner Wälder in Richtung Elterlein. Mosen und Schönfeld wollten das gemeinsame Ziel Eisenstein über Zwickau erreichen. Bei dem später als Fürstenbrunnen bezeichneten Quell rastete Kunz und ließ den Prinzen Erdbeeren pflücken, der sich bei dieser Gelegenheit mit dem in der Nähe arbeitenden Köhler Georg Schmidt verständigen konnte. Kunz und von Schweinitz wurden von Schmidt, dessen Frau und einigen herbeigeeilten Köhlern überwältigt und nach dem nahen Kloster Grünhain, später nach Zwickau gebracht. Abt Liborius geleitete den befreiten Prinzen sofort nach Altenburg. Schönfeld und Mosen hatten sich eingeschüchtert durch das Sturmläuten im Lande, mit ihrem Raube in eine Höhle in der Nähe des Schlosses Stein - die nachmalige Prinzenhöhle - geflüchtet.

 

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3.Mit Heiligen durchs Jahr: Johannes der Täufer - keiner ist größer!

(Von Frieder Wolf, Wilkau-Haßlau)

Schon als Kind mochte ich den 24. Juni sehr, hatte ich doch eine besondere Beziehung zum Johannistag. Die war aber vordergründig praktischer Art, und hatte mit dem Heiligen nicht so viel zu tun. Nämlich: Wegen der traditionellen Johannisandacht auf dem Friedhof zu abendlicher Stunde ging es erst spät zu Bett! Am liebsten hätte ich eine tägliche Johannisandacht eingeführt. Mein Einfluss war zu gering, dies durchsetzen zu können, also blieb mir diesbezügliche Freude einmal im Jahr. Johannes der Täufer, dessen Geburtstag am 24. Juni gefeiert wird, war unter den Heiligen nicht irgendwer. Das belegt ein großes Wort Jesu’s: "Wahrlich, ich sage euch: Unter allen, die von einer Frau geboren sind, ist keiner aufgetreten, der größer ist als Johannes der Täufer." (Matthäus 11,11). Johannes, Sohn der Elisabeth und des Priesters Zacharias, kam ein halbes Jahr vor Christus auf die Welt. Mit knapp dreißig Jahren ging Johannes in die Wüste, nach Jerusalem und an den Jordan. Wenn die "Stimme des Rufers in der Wüste", wie sich Johannes selbst nannte, predigte, machte sie das voller Leidenschaft. Nein, ein Blatt nahm sich der heilige Johannes nie vor den Mund. Die Pharisäer und Sadduzäer nannte er "Schlangenbrut". Das Gericht Gottes werde sie treffen. "Bekehret euch, denn nahe ist das Himmelreich", schmetterte er den Menschen entgegen. Viele ließen sich von ihm taufen. Auch Jesus kam an den Jordanfluss, um die Taufe von Johannes zu empfangen. Johannes fürchtete sich auch vor dem grausamen König Herodes nicht und verurteilte dessen schlechten Lebenswandel. Damit nahm das Unglück seinen Lauf. Ungefähr in der Mitte des ersten Jahrhunderts ließ Herodes den Heiligen öffentlich enthaupten. Wie populär Johannes ist, zeigt zum Beispiel die Vielzahl der Berufsstände, deren Patron er ist. Genannt seien lediglich die Architekten, Bauern, Wirte, Schornsteinfeger, Weber und Zimmerleute. Und sollte an einem heißen Sommertag ein schlimmes Unwetter mit Hagelschlag drohen, ist es angebracht, ihn um seinen Schutz zu bitten. Von Nachteil kann’s nicht sein. Das Brauchtum zu Johanni oder "Gohanne", wie wir im Erzgebirge sagen, ist recht reich. In alten Zeiten galt die Johannisnacht als Zauber- und Wahrheitsnacht. Beispielsweise glaubte man an die besondere Heilkraft des Wassers. Auch war es nicht verkehrt, Johanniskraut zu pflücken und für mögliche Krankheitsfälle aufzubewahren. Der bekannteste Brauch sind wohl ohne Zweifel die Johannisfeuer, die in der Nacht vom 23. Zum 24. Juni allerorts lodern. Sie stellen nach Ursprung und Bedeutung Sonnenwendfeuer dar. Gleich dem Wasser sollten sie vor Krankheit und bösen Geistern schützen, weswegen man über das Feuer sprang. Nahm man dazu noch seine Liebste an die Hand ("Paarsprung"), war das ein stiller Heiratsantrag und festigte die Beziehung. Außerdem sollte und soll ein solcher Sprung fruchtbarkeitsanregend wirken ... Typische Bräuche unserer Heimat wie der Tanz um den Johannisbaum oder die Vertreibung des sogenannten Faullümmels sind leider in Vergessenheit geraten. Manche Volkskundler lehnen es strikt ab, das Sonnenwendfest und die heidnischen Sonnenwendfeuer mit Johannes dem Täufer in Verbindung zu bringen bzw. eine Beziehung herzustellen. Es steht aber fest, dass der Geburtstag des Täufers (genaues Datum ist im Neuen Testament nicht überliefert), nicht ohne Grund auf den "Mittsommertag" gelegt wurde. Sehr überzeugend ist für mich die Auffassung und Interpretation des bekannten Theologen, Volkskundlers und Buchautors Prof. Dr. Hermann Kirchhoff. Er schreibt: "Das Fest des Täufers zur Sommersonnenwende kann im christlichen Bereich wohl nur im Zusammenhang mit dem Weihnachtsfest gesehen werden. Die wiederaufsteigende Sonne der Wintersonnenwende wird zum Gleichnisbild des "Sol invictus", der unbesiegbaren Sonne, die Christus ist; eine Symbolik, die das Datum des Weihnachtsfestes wohl mitbestimmte. Dann würde die nun abnehmende Sonne des Mittsommertages von Johannes 3,30 aus ("Er muss wachsen, ich muss abnehmen") auf den Vorläufer zu deuten sein.Vielleicht wurden auch Feuerbräuche aufgrund von Johannes 1,7 ff. dem Johannistag zugewendet, so dass das Johannisfeuer als Christussymbol zu verstehen wäre. So ist dieses Fest in der Mitte des Jahres für mich auch aus dieser Sicht ein ganz wichtiges, weil eben an eine der interessantsten und faszinierendsten Gestalten des Neuen Testamentes - Johannes - erinnert wird. Überhaupt keine Meinungsverschiedenheiten gibt es darüber: Alle Spargelfreunde sind am 24. Juni recht traurig, denn nach altem Herkommen wird zu Johanni letztmalig das edle Gemüse gestochen. Vorbei ist’s dann mit frischem Spargel. Und: "Wenn johannes ist geboren, gehn die langen Tag verloren!"

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4.Letzter Strafvollzug an der Limbacher Galgengerichtsstätte

von Karl Fritzsching

M an schrieb das Jahr 1807. Die Menschen des gesamten Heimatgebietes von der Mulde bis zur Chemnitz, bis über den Totenstein-Höhenzug hinüber waren seit Wochen in gespanntester Erwartung und zappelten vor Erregung. In Chemnitz hatte Gottlob Schellenberger seinen zehnjährigen Stiefsohn mit Arsenik ums Leben gebracht. Ein paar hundert Taler, die der Knabe als Erbteil von seinem verstorbenen Vater her besaß, waren die Veranlassung zu dem abscheulichen Kindermord gewesen. Und was die Tat noch verruchter machte: Die leibliche Großmutter des Jungen, die Eva Rosina verw. Bonitz, die Hebamme in Köthensdorf, hatte dem Schwiegersohn in Chemnitz das Gift besorgt. Unter dem hochragenden, dreibeinigen Galgen angekommen, von dessen einem Querbalken ein krächzender Rabe die schwere Sünderin begrüßte, ehe er mit schwerfälligem Flügelschlag seinen Weg in Richtung Froschknarre nahm, sprach der geistliche Herr noch einmal liebevoll und beschwörend auf die Schuldbeladene ein und forderte sie zu gemeinsamem und letztem Gebet auf. Dann waltete der Henker aus Penig mit seinen Knechten seines Amtes. Der Knienden wurden die Augen verbunden. Das Richtschwert blitzte. Mit wohlgezieltem wuchtigem Schlage trennte der Henker das Haupt vom Rumpf, der leblos zusammensackte. Ein mancher in der Runde war leichenblass geworden und vergaß, den Mund zu schließen. Noch viel mehr der Neugierigen wandten sich gruselnd ab, als die Gesellen des Scharfrichters der Toten die Hauptknochen brachen und den Körper zwischen die Speichen des verwetterten gewaltigen Rades zwängten. Es kostete einige Mühe, die blutige Last auf das Galgengestell zu heben und dort zu befestigen: Krähen und Raben zum Fraße, den Menschen zur Abschreckung vor böser Tat !

Am 7. August rollte auf dem Marktplatz in Chemnitz das Haupt des Mörders Schellenberger in den Sand.

Die Hinrichtung der Rosina Bonitz war der letzte Strafvollzug auf dem Limbacher "Gerichte". Es war nicht die letzte "Arbeit" des Peniger Scharfrichters. Sein Bereich, in dem er zu Exekutionen herangezogen wurde, war recht ausgedehnt, denn er hatte sich einer ganzen Reihe von Feudalherren und Gerichten zu Henkersdiensten verpflichtet. In den Limbacher Rittergutsakten ist eine solche Vereinbarung vom Jahre 1675 noch vorhanden. Sie wurde also 132 Jahre vor dem Falle Bonitz getroffen, gibt uns aber ungeschminkten Aufschluss über die damaligen grausamen Leibesstrafen und über die fast unumschränkte Gewalt, die der Feudalrichter über seine Untertanen hatte. Der die Leibesstrafen betreffende Teil des Vergleichs sei deshalb hier wiedergegeben:

"Zu wißen, Das der HochEdelgebohrne Gestrenge und Veste, Herr Antonius von Schönberg uff Limbach und Mittelfrohne sich heutiges tages mit dem ScharffRichter zu Penigk, Meister Caspar Otten wegen der Peinlichen Fälle, und umbgefallenen Viehes, dahin Verglichen,

1. Das von der Hochadel: Obrigkeit zu Limbach, Mittel- und Niederfrohne, Ihme von einer Peinlichen Vorstellung Ein gut Schock, und deßen Knechte Zwölfe groschen Trinkgelt, nebenst freyer Zehrung gegebne werden soll.

2. Soll Er von Allen und Jeden Peinlichen Executionen, sie haben Nahmen, wie Sie wollen, es sey Martren, Staupenschlagen, Säcken, mit dem Schwerdte richten, Hängen, Rädern, Radebrechen, Verbrennen, Ingleichen von einer Persohn, so aus Verzweifelung sich selbst erhängen oder ersäufen thete, abzunehmen, aus dem Waßer zuziehen und zu begraben, undandern dergleichen Peinlichkeiten mehr, Erder Meister Fünf Thaler, oder Zwey gute Schock, nebenst Zwölf groschen Trinkgelt vor seinen Knecht, und daneben freyhe Zehrung zu gewarten haben."

"So geschehen Limbach den 20 Novembris Ao. 1675."

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Der Riese auf dem Taurastein

In alter Zeit türmten sich die Felsmassen des Taurasteins viel höher aufeinander als heute. Auch gab es zahlreiche Höhlen, von denen sich eine ein Riese als Aufenthaltsort auserkoren hatte. Dieser Unhold erschien zuweilen dem nächtlichen Wanderer und jagte ihm Furcht und Grauen ein.

Einmal fiel es dem Riesen ein, sich eine Burg zu bauen. Als Bauplatz wählte er sich einen stillen Abschnitt des Chemnitzflusses bei dem Ort Schweizerthal. Allnächtlich schleppte der Dämon nun schwere Steinblöcke vom Taurastein dorthin und gedachte, Stein auf Stein die neue Burg zu errichten. Sein Weg führte ihn dabei über die Tauraer Wiesen, die Flurgrenze zwischen Mohsdorf und Taura entlang. Da er jedoch immer mehr Steine nahm, als er tragen konnte, verlor er auf seinem Weg stets einige Brocken.

Aber auch mit dem Bau der Burg wollte es nicht so recht vorangehen. Stürzte doch tagsüber immer wieder zusammen, was er in der Nacht errichtet hatte. Zwar mühte sich der Riese eine ganze Zeit mit dem Bau ab. Aber schließlich verlor er die Geduld und ließ die Steine liegen. Sie füllen noch heute das Flussbett und liegen verstreut an den Talhängen. Das Werk des Riesen aber war vereitelt, und er zog sich voller Ingrimm in seine Höhle auf dem Taurastein zurück. Wenn aber in alten Zeiten der Sturmwind in den Winternächten um die Häuser tobte, dann rückten die geängstigten Bewohner näher zusammen. Zu den Kindern aber sagten sie: "Hört, der Taurasteinmann geht um!" Manche meinen aber auch, dass es der Teufel selbst gewesen sei, der sich hier eine Burg bauen wollte. Deshalb bezeichnet der Volksmund auch die Vertiefung in einem bei der früheren Holzbrücke in Schweizerthal befindlichen Stein als Teufelsfuß. Soll doch hier der Teufel wieder aufgekommen sein, wenn er mit den Felsbrocken vom Taurastein abgesprungen ist.

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Abschnitt III:

 

1.Ein Köthensdorfer Pfiffikus – Johann Esche

In unserem Ort zeigte sich bei der Besiedelung der Gasse, dass die alten Webstühle nach und nach von Stumpfwirkstühlen verdrängt wurden. 1785 standen 13 Strumpfwirker zwei Leinewebern gegenüber. Diese Entwicklung hatte ihren Ausgangspunkt in Limbach und denen zur Gutsherrschaft gehörenden Dörfern. Köthensdorf kommt dabei der Ruhm zu, dass hier der Begründer dieses Handwerkzweiges geboren wurde. Johann Esche wurde am 3.Mai 1682 in Köthensdorf geboren. Sein Vater war Hanns Esche, ein Schwarzfärber, undseine Mutter hieß Magdalene geb. Winckler. Beide stammten aus Mittelfrohna und wurden dort 1670 getraut. Hanns Esche hatte bereits in Mittelfrohna das Färberhandwerk betrieben, ehe er nach Köthensdorf übersiedelte, denn hier wurde ein Färber gebraucht. Hanns Esche besaß in Köthensdorf kein eigenes Haus. Er wird Hausgenosse gewesen sein und wohnte zur Zeit der Geburt seines Sohnes Johann im Grundstück Köthensdorfer Hauptstr.94. Auf diesem Grundstück standen zwei Gebäude. Das größere Wohnhaus brannte 1946 ab und wurde nicht wieder aufgebaut. Das kleinere Seitengebäude blieb bis zum Abriß 1998 durch die Familie Volk erhalten. Es wird angenommen, dass die Familie Esche dieses Seitengebäude bewohnte. Hanns Esche baute 1693 ein eigenes Haus ( heute Köthensdorfer Hauptstr.29, Familie Henry Rupsch ). 1695 zog die Familie nach Burgstädt, wo sie bis 1698 blieb. Dann übernahm Hanns das Gewerbe des dort verstorbenen Färbers. Nachdem der Sohn Johann Esche konfirmiert war, das muss etwa 1696 gewesen sein, bot ihn der Vater dem Gutsherrn zum Dienst an, da er ihn im eigenen Handwerksbetrieb nicht brauchen konnte. So begann Johann seinen Dienst als Kleinknecht, wurde Großknecht und zeichnete sich damals schon durch ein besonderes Verständnis für technische Dinge aus. Der stattliche, intelligente junge Mann erwarb bald das Wohlwollen seines Herren, Albrecht II. von Schönberg, der ihn zu seinem Leibkutscher ernannte. Den ersten sächsischen Strumpfwirkstuhl hatte ein Hugenotte nach Dresden gebracht. Als herrschaftlicher Kutscher bekam Johann Gelegenheit, die Arbeitsweise des Stuhles genau kennenzulernen. Sicher hatte der Franzose an dem technisch interessierten jungen Mann Gefallen gefunden und ihm die Bauweise seines Stuhles genau erklärt, ohne zu ahnen, dass er sich damit einen Konkurrenten heranzog. Von der Reise zurückgekehrt, machte sich Johann daran, den Strumpfwirkerstuhl nachzubauen. Das konnte sicher nicht ohne Wissen und Unterstützung des Gutsherren geschehen. 1747 standen in Limbach bereits 31 Stühle, und Esche verarbeitete jährlich für 30000 Taler Seide. Diese Tätigkeit brachte ihn in seinem Wohnort hohes Ansehen ein. 1744 wurde er bereits als Fabrikant bezeichnet und als "Herr" angesprochen. Er sei wacker, unbetrüglich und dienstfertig gewesen. Am 30. Januar 1752 starb Johann Esche in Limbach als "Strumpf-, Seiden- und Wollen-Fabrikant, Handelsmann und Erbangesessener alter Wohlangesehener Werther Einwohner". Bei der Aufzählung der 1747 im Limbacher Herrschaftsgebiet stehenden Strumpfwirkerstühle gab es in Köthensdorf fünf, an denen drei Strumpfwirker arbeiteten. Johann Samuel Thieme mit zwei Stühlen, Johann Friedrich Vogel mit einem Stuhl und Hanns Bonitz mit zwei Stühlen. Die 1785 benannten 13 Köthensdorfer Strumpfwirker waren Johann Welker, Christian Bonitz, Johann Gottlieb Barth, August Bonitz, Johann George Klingbeil, Karl Gottlieb Wünsch, Johann Traugott Barth, Adam Gotlieb Schaufuß, Israel Irmscher, Johann Christoph Kühn, Daniel Fischer, Christoph Wünsch, und Samuel Schönfeld. Da im gleichen Jahr bei der Aufteilung der Parzellen auf der Gasse ebenfalls 13 Strumpfwirker benannt wurden, müssten sich alle um eine Parzelle auf der Gasse bemüht haben. Selbst Teile der bäuerlichen Bevölkerung und Frauen saßen in den folgenden Jahren am Strumpfwirkerstuhl, was allerdings den Unwillen der alten Meister hervorrief. Sie waren stolz auf ihr Handwerk und suchten Anschluss an eine Innung. Am 18. Mai 1785 wurde die Limbacher Innung gegründet. Teinehmer waren 133 Meister, darunter 13 Köthensdorfer. Innungsschreiber wurde Johann Welker aus unserem Ort. Er war ein Meister der Schreibkunst (wir finden ihn daher 20 Jahre später als Schullehrer von Köthensdorf wieder). Die Innung bestand von 1785 bis 1861. In dieser Zeit erwarben 232 Köthensdorfer die Meisterwürde. Jüngster Meister war Friedrich Krasselt. Als Meisterstück musste ein sauber gearbeitetes Paar Strümpfe vorgelegt werden. Letztlich wurden auch auf dem Strumpfwirkstuhl angefertigte Handschuhe als Meisterstück angenommen. Daran zeigte sich bereits eine neue Entwicklung. Die Produktion von Handschuhen wurde immer aktueller. Als sich die Limbacher Strumpfwirkerinnung 1861 auflöste, gehörten ihr noch 130 Köthensdorfer Meister an. Diese wollten ihre Existenz verteidigen und gründeten 1865 noch einmal eine eigene Köthensdorfer Innung. Sie zerfiel, als 1869 im ganzen Land die Gewerbefreiheit verkündet wurde. Immer mehr Strumpfwirker fanden Arbeit in der Textilindustrie, vor allem bei der Stoffhandschuhproduktion. Eine Anzahl suchte auch beim Eisenbahnbau einen besseren Verdienst. Die letzten Strumpfwirker mussten ihre Aufträge in Rabenstein holen. Sie wanderten dann wöchentlich einmal mit dem Quersack zu Fuß dorthin, um Ware abzuliefern und Garn zu empfangen. 1910 lebten noch drei alte Meister in Köthensdorf. Die Kinder, Enkel und Urenkel des in Köthensdorf geborenen Johann Esche waren allesamt Pioniere der frühen Industrialisierung. Sie brachten neue Entwicklungen ins Limbacher Land und sorgten für eine Verbreitung der Wirkerei in die Nachbargemeinden. In diesen Zusammenhang ist auch eine Frau zu nennen, die in der damaligen Zeit Erstaunliches leistete – Helene Dorothea von Schönberg (1729 – 1799). Sie hat für ihre Zeit eine bemerkenswerte Weitsicht gezeigt und wesentlichen Anteil daran, dass das neue Gewerbe so günstig entwickeln konnte. So entstanden unter ihrer Regie die ersten planmäßig angelegten Strumpfwirkersiedlungen Sachsens, die Helenen- und Dorotheensraße in Limbach und die bereits genannte Gasse in Köthensdorf. Manche meinen sogar, dass diese Siedlungen die Wiege der deutschen Strumpfindustrie gewesen seien. Parallel zur Strumpfwirkerei entwickelte sich in unserem Raum auch der Bau von Wirkstühlen, Handkulier- und Handkettenstühlen – die ersten Textilmaschinen. Mit dem Nachbau des englischen Handwirkstuhles eines französischen Emigranten und der Einführung der Wirkerei im Limbacher Land entstanden in ganz Westsachsen durch unseren Johann Esche hunderttausende neue Arbeitsplätze, wenn man neben der eigentlichen Maschenwarenindustrie auch die vor- und nachgelagerten Industrien, einschließlich des einschlägigen Maschinenbaus hinzurechnet. Der in Köthensdorf geborene Johann Esche gilt daher mit Recht als der Vater der westsächsischen Maschenwarenindustrie.

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